1912 -
Halle a.S.
: Schroedel
- Autor: Steger, August, Wohlrabe, Wilhelm
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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macht es uns ein charakteristischer Geruch erkennbar, daß wir vor einer
Gummiwarenfabrik stehen. In mächtigen Lettern verkündetes eine Auf-
schrift über dem Haupteiugang, daß es die „Vereinigte Gummiwaren-
fabrik Harburg-Wien" ist, die sich vor unsern Augen ausbreitet. Nicht
weniger als 10 bis 16 000 Paar Gummischuhe, 8 bis 10000 Dutzend
Gummibälle und viele Hunderte von Gummireifen und -schläuchen für
Fahrräder und Motorfahrzeuge werden hier täglich hergestellt. Außer-
dem verfertigt die Fabrik sämtliche technische und chirurgische Gummi-
artikel, so zahlreich dieselben auch sind. Seien es Schläuche für Dampf,
Wasser oder Gas, seien es Treibriemen, Schnüre oder Flaschenringe,
seien es Radiergummis, Luft- und Wasserkissen, seien es wasserdichte
Regenmäntel, Gummihandschuhe oder Anzüge für Taucher — alles wird
in diesem umfassenden Betriebe in großem Maßstabe hergestellt. Und
wie große Mengen von fertigen Waren sind in den großen Speichern
und Lagerräumen aufgetürmt! Ist man doch z. B. imstande, sofort eine
ganze Armee mit Gummifußbekleidung auszurüsten. Über 1800 Menschen
finden in dieser Fabrik lohnende Beschäftigung. Eine andere Gummi-
warenfabrik Harburgs, in der etwa 700 Arbeiter tätig find, stellt vor-
wiegend Hartgummiwaren her: Kämme, Pfeifen und Zigarrenspitzen
u. dgl. Eine einzige Maschine formt hier täglich 25 bis 30000 Zigarren-
spitzen.
4. Doch die Gummiindustrie bildet nur einen Teil der Harburger
Fabriktätigkeit; ebenso bedeutungsvoll, ja noch bedeutungsvoller ist die
Ölfabrikation. Mit diesen: Gewerbezweige nimmt Harburg unter allen
Städten Europas die erste Stelle ein. Harburg hat fünf große Ölfabriken,
in denen 12 bis 1300 Personen beschäftigt sind. Lein- imd Rapssamen,
Palmkerne, Kokos- und Erdnüsse sind die Rohstoffe, aus denen Öl her-
gestellt wird. Durch gewaltige Pressen, die den ungeheuren Druck von
600 000 kg auszuüben vermögen, wird das Öl aus den Rohstoffen heraus-
gepreßt. Täglich werden etwa 300 bis 350 Tonnen Ol gewonnen. Betritt
man den Hof- oder Lagerraum einer Olfabrik, so sieht man wahre Berge
von Oltonnen aufgeschichtet. Rüböl und Erdnußöl werden vorzugsweise
als Speiseöl benutzt, Leinöl gebraucht der Maler bei der Herstellung von
Farben, Palmkern- und Kokosöl verwendet man besonders zur Bereitung
von Seife. Die Rückstände beim Ölpressen, Leinkuchen und Palmschrot,
sind ein vorzügliches Viehfutter.
5. Eine großartige Fabrikanlage ist auch die Iutespinnerei und
-weberei, in der über 1700 Personen Arbeit finden. Die Jute ist eiue
Gespinstpflanze wie Flachs und Hanf; sie wächst in den feuchtwarmen
Gegenden Ostindiens. Ihre Bastfasern sind noch gröber und spröder als
die des Hanfes. In der Harburger Iutefabrik bereitet man aus ihnen
vorzugsweise Sackleinen und Säcke für die Verpackung von Wolle, Baun:-