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1. Bd. 3 B = Oberstufe d. Mädchen, (7. - 9. Schulj.) - S. 205

1911 - : Crüwell
205 er in den Händen, die Arme hatte er ans dem Knie und die hohlen, stieren Blicke hatte er ans dem Sterbenden, aber ohne Sinn, mit stnmpfem, dnmpfem Herzen. Er sah nns nicht und horte nns nicht kommen. Wir rüttelten ihn an den Schnltern. „Habt Ihr Wasser?" fragte er mit hohler Stimme. „Hier ist Wasser, trink!" Mit zit- ternder Hast goß er das Wasser ans die brandige, schwarzblane Znnge. Und ein Zittern durchflog den abgezehrten Körper. „Men- schen! Ihr habt Wasser!" fahr der Soldat ans, er redete irre und wirre. „Habt Ihr gebetet? . . . Ha, beten mnß man . . . Dann gibt der Himmel Wasser ... Betet, sage ich, oder wir verdur- sten . . . Der hier ist schon tot . . . und wir alle sind tot, wir haben kein Wasser." Wir führten den Armen abseits. Dann eilte ich znrück zu dem am Boden. Ich bengte mich über ihn. Es war der stille Kamerad von Aminnis. Noch war etwas Leben in ihm. Wasser, schnell Wasser ans die trockene, dürre Zunge, ans die glühende Stirn. Es half. Er öffnete die Angen. Er öffnete sie, wie sie ein Sterbender öffnet znm letzten Male, groß, weit, mit hellem Verstand, mit lich- ter Klarheit. Die Angen schauten mich an. Er erkannte mich. „Gott Dank," hauchte er, „daß Sie es sind! Ich sterbe, gern sterbe ich, es war ein hartes Leben, das meine — jetzt hab' ich Frieden ..." „Guter Freund, kann ich Ihnen noch einen Dienst erweisen?" Er nickte, und die Hände rissen vorn ans der Brust an der Uniform. Da lag sein Notizbuch, dicht lag es an der Wunde, ans der das Blut floß. Er reichte mir das Buch. Es war rot von dem frischen warmen Blute ans seinem Herzen. „Nehmen Sie — bringen Sie das meiner Mutter, sagen Sie ihr, daß ich meinen Gott wiedergefunden und meinen Frieden, daß ich sterbe einen ehrlichen Soldatentod." Ich nahm das Buch. Es stand da ein Leben mit heißem Rin- gen, mit schreiender Not, ein Leben mit Rätseln, hinter Irrtümern her und Liebe, und dann mit Haß und Verzweifeln. Und hier im fernen fremden Lande, zwischen unbekannten fremden Menschen, in hoher, schrecklicher Not kam dieses Leben nun znm Abschluß! Ich bengte mich über ihn! „Der Herr ist voll Erbarmen, und ewiglich währet seine Güte!" Brechende Angen starrten mich an. Ein Knacken der Glieder, ein schmerzvolles „Ah!" Totenblässe zog über die Wangen. Da stand ich auf und drückte dem Manne die Augen zu, und ich nahm den blutigen Reiterhnt vom Boden und legte ihn dem Toten ans das Antlitz und betete. Erst war es dunkel; nur die Sterne waren am Himmel. Dann wurde es lichter mit kaltem, schneeweißem Lichte. Ein groß-
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