Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Teil 5 = Kl. 3, 2 u. 1 - S. 432

1914 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
432 bergsanlage gegen einen Weinzins. Im 12. Jahrhundert erwarben sich zwei Abteien, das Benediktinerkloster Johannisberg und das Zisterzienser- kloster Eberbach, das große Verdienst der Anrodung des Johannisbergs und des Steinbergs. Noch heute bestaunen wir die Weinlager in den großartigen Kreuzgewölben der Keller beider Abteien. Aber schon in jener frühen Zeit wurden die edlen Nieslingreben des Rheingaus nicht sowohl für den Hausbedarf gebaut, wie sich etwa heute noch der Bauer im Elsaß, in Baden oder Württemberg kunstlos seinen Landwein zieht, sondern für den Verkauf. Bereits um 1200 betrieb das Kloster Eberbach auf Main und Rhein ausgedehnten Weinhandel. In Cöln hielt die Abtei ein Haupt- weinlager, verkaufte nur an Großhändler und befrachtete nachmals ihre eigenen Schiffe mit der kostbaren Weinlast. Hunderte von Fässern des edlen Nasses gingen mit der „Eberbacher Sau", wie man, anknüpfend an die Sage von der Gründung der Abtei, das größte der Schiffe nannte, vom Rheingan nach Cöln, laut Kaiserprivileg frei von den sonst unseren Handel so sehr behindernden Rheinzöllen der vielen großen und kleinen Herrscher am Strom. Im Lauf der Jahrhunderte entfaltete sich eine ganze Wissenschaft über Anbau, Pflege, Schnitt der Rebe und über die Keller-behandlung des Weines. Von den Klöstern lernten die kleinen Wein- bauern die Kunst; denn je mehr allmählich der Boden für den Weinbau in Beschlag genommen wurde, daß bald Weingarten an Weingarten grenzte, desto allgemeiner pflanzte sich jeder technische Fortschritt vom Nachbar- auf den Nachbar über. So wurde das erst verlachte System der Auslese im Rheingau während unseres Jahrhunderts allgemein ein- gebürgert und trug wesentlich dazu bei, den Rüdesheimer, Rauentaler, Johannisberger und Steinberger so zu verfeinern, wie es bei fahr- lässiger, der Natur fast alles überlassender Behandlung der Rieslingrebe nie geschehen wäre. Darüber war nun aber der Rheingaubewohner zu bedenklicher Einseitigkeit in seinem Tagewerk gelangt. Der Anbau des Weinstocks war ihm alles; Viehhaltung und Kornbau galten ihm nichts. Wie er in der Tracht und Wohnweise den Städter nachahmte, wollte er am liebsten nur von Weinbau und Weinhandel leben. In menschlicher Hoffnungs- schwäche rechnete er immer auf eine glänzende Lese, wie er sie ja kraft seines Fleißes, seiner fränkisch beweglichen Findigkeit wohl verdiente, und bedachte nicht, daß hier an der Polargrenze des Weinbaues selbst im Taunusschirm gewöhnlich ein Jahr um das andere dem Winzer statt des großen Loses eine Niete in den Schoß füllt. Da kam über manchen der Getäuschten Verschuldung, man verpfändete den „Herbst", ehe noch die Träubchen schwellten. Doch solcher Ruin der Genossen hat zum Glück andere zu besserer Einsicht gebracht, die nun wieder bescheiden znm bäuer- lichen Handwerk zurückkehren und für die Rebe minder günstige Lagen in Feld und Wiese wandeln.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer