1. Bd. 2
- S. 453
1906 -
Straßburg
: Straßburger Dr. und Verl.-Anst.
- Hrsg.: Gottesleben, N.
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
Vii. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde.
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steht seine Größe als Fabrikstaal. Beide sind auss engste verschwistert,
bedingen, fördern, beleben sich gegenseitig. Der Fabrikant beschäftigt den
Schiffer und Kaufherrn. Diese bringen nicht nur die Rohstoffe aus den
fernsten Gegenden nach Englands zahlreichen und riesigen Fabrikstädten,
sondern sie versenden auch die massenhaften Gewerbserzeugnisse nach
allen bekannten Orten der Erde. England ist auch der erste Fabrikstaat
der Welt, ja es hat als solcher noch einen größeren Vorsprung vor
andern Staaten denn als Seemacht. Doch erst nachdem seine Meeres-
herrschaft kaum mehr bestritten wurde, in der zweiten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts begann seine Gewerbtätigkeit sich zur Blüte zu entfalten.
Dazu trugen zwei Umstünde vorzugsweise bei: die Anwendung der Stein-
kohlen und die Erfindung der Dampfmaschinen. Ungeheuer ist die Aus-
beute an Steinkohlen in England; sie berechnet sich auf 1300 Millionen
Zentner jährlich. Die Masse ist so fabelhaft groß, daß man dem
Fassungsvermögen auf einem Umwege zu Hilfe kommen muß. Wäre sie
nämlich gleichzeitig auf eine Reihe Wagen verteilt, so würde diese mehr-
fach um den Erdäquator reichen! Und von dieser Ausbeute wird nur
Vi° ausgeführt, das übrige im Lande selbst verwendet. Schon aus diesem
Verbrauche läßt sich ein Schluß ziehen auf die Zahl der tätigen Dampf-
maschinen. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß diese zusammen eine
größere Arbeitskraft vorstellen, als die der gesamten Bevölkerung in den
drei Königreichen betragen würde, wenn jeder Mensch die Arbeitskraft
eines Mannes besäße. Am großartigsten zeigten sich die Erfolge in An-
wendung von Maschinen in der Baumwollen-Jndustrie. Im Jahre 1771
verarbeitete man in England llfi Millionen Kilogramm Baumwolle,
im Jahre 1861 war der Verbrauch schon über 500 Millionen Kilo-
gramm gestiegen. Neben die Baumwollen-Jndustrie stellt sich würdig die
Verarbeitung der Wolle, sodann von Leinen und Seide. Die Metall-
Industrie wird durch den Reichtum des Landes an Erzen im Zusammen-
fluß mit der Steinkohlenausbeute ungemein begünstigt. Großartig sind
die Geschäfte, welche die Bereitung von Lebensmitteln, namentlich von
Getränken zum Zwecke haben, und unter diesen ragen die Bierbrauereien
besonders hervor. Es gibt kaum einen Zweig europäischer Industrie,
der nicht in England auf ausgezeichnete Weise vertreten wäre, und die
Bezeichnung „englisch" gilt vielfach als eine Empfehlung für die ver-
schiedensten Fabrikate. Nach Marschall.
360. Aus dem Norden.
Wenn bei uns in den Feldern die Kornblumen blühen und in
den Gärten die Johannisbeeren reifen, dann sind die Tage recht
lang und die Nächte kurz. Die sparsame Hausmutter läßt die
Lampe ruhig stehen, ohne sie anzuzünden; die Kinder spielen auf