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1. (Achtes und neuntes Schuljahr) - S. 157

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
waren und sich der Hilfe ungebildeter Tolken oder Dolmetscher bedienen mußten. Zu diesen zusammenhängenden Verzeichnissen und Texten kommt noch, abgesehen von den dürftigen Glossen in Urkunden, die große Menge von einzelnen preußischen Orts- und Personennamen, die teils urkundlich überliefert, teils heute noch in Gebrauch sind. Man darf auch die sehr zahlreichen Lehnwörter preußischer Herkunft nicht vergessen, die als Provinzialismen im ostpreußischen Dialekte weiter leben und vereinzelt sich selbst in der neuhochdeutschen Schriftsprache eingebürgert haben. Für die vergleichende Sprachforschung genügen diese Reste der preußischen Sprache vollkommen, um dem Volke, das sie gesprochen hat, mit Be- stimmtheit seine Stellung unter den europäischen Völkern anzuweisen. Die Preußen bildeten danach mit den Litauern, den Letten und einigen kleineren Völkerschaften eine besondere Familie des indogermanischen Sprachstammes, die man nach den ästischen Völkern des Tacitus wohl als die ästische bezeichnet hat, in neuerer Zeit aber zumeist die baltische nennt. Von den drei wichtigsten Sprachen dieser baltischen Völkerfamilie stehen Preußisch und Litauisch in nächster Verwandtschaft, das Lettische stellt eine jüngere Entwickelung des Litauischen dar, die aus einer stärkeren Vermischung mit fremdartigen Volkselementen zu erklären ist. Aus der außerordentlichen Altertümlichkeit, die den beiden älteren Sprachen neben anderen Eigentümlichkeiten gemeinsam ist, läßt sich schließen, daß Preußen und Litauer seit undenklichen Zeiten Nachbarn gewesen sind; ingleichen weist der Umstand, daß das Baltische dem Slawischen unter den übrigen indogermanischen Sprachen am nächsten steht, wiederum auf lang- anhaltende Nachbarschaft zwischen Preußen und Litauern einerseits und den Slawen andererseits hin. Neben dem Wesen der Sprache eines Volkes kann aber auch ihr Wortschatz der Aufhellung seiner Vergangen- heit nicht unwesentlich dienstbar gemacht werden. Man wird das Gewicht von ungefähr 1200 überlieferten preußischen Vokabeln, ohne die Orts- und Eigennamen, nicht unterschätzen, wenn man sich klar macht, daß der Wörtervorrat für den täglichen Gebrauch einer Landarbeitersamilie unserer Zeit wohl kaum mehr als 1000 betragen dürfte. Und in der Tat gestaltet der vorhandene altpreußische Wortschatz wichtige Rück- schlüsse auf den Stand von Ackerbau, Handel, Gewerbe und den all- gemeinen Anschauungskreis des Volkes, den man natürlich infolge mangel- hafter Überlieferung eher zu niedrig als zu hoch einschätzen wird. Auch die Ortsnamen können, namentlich bei Bestimmung der Verbreitungs- grenzen des eigentlich preußischen Stammes, wertvolle Dienste leisten.
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