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1. (Achtes und neuntes Schuljahr) - S. 207

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
auf die polnische Unordnung jenseit der Weichsel, aber über ihrer Stadt schwebte gebietend der weiße Adler der Polen. Denn zur Zeit der Großväter hatte sich da« ganze Weichselland von Thorn bis zur See gegen den verdorbenen deutschen Orden empört und der Krone Polens untergestellt, weit ab im Osten lag das verkleinerte Ordensland wie eine Insel zwischen dem Meere und slawischem Gebiet. Auch diesen Landrest sollte der Hochmeister nur als Vasall der Krone Polen regieren, und da der junge Herr Albrecht von Brandenburg, welcher jetzt aus dem Hoch- meisterstuhle saß, die Lehnshuldigung noch nicht geleistet hatte, so wurde er in den Städten des polnischen Preußens mit Argwohn und Haß betrachtet. Denn überall zürnte und spottete man über den Verfall des Ordens, und die Bürger wurden nicht müde, arge Geschichten von Druck, Freveltat und nichtswürdiger Schwäche der alten Kreuzritter zu erzählen. Auch die weltklugen Männer, welche in dem Rate von Thorn saßen, haßten den Gedanken an eine Rückkehr der tyrannischen Ordensherrschaft und dachten feindselig an ihre Landsleute im Ordens- land. Sie hofften für sich und ihre Stadt aus dem großen Polenreiche ein fröhliches Aufblühen, sie verstanden trefflich, sich von dem Könige als Belohnung ihrer Treue wertvolle Vorrechte zu erhandeln und sie wunderten sich zuweilen, daß ihrer Stadt ein völliges Gedeihen nicht wiederkehren wollte. So glichen sie Matrosen, welche sich beim Schiff- bruch gegen den schlechten Schiffsmeister empört und auf einem Boot an das Land gerettet haben, und sie sahen hinüber nach dem verlassenen Schiff une aus die bedrängten Maate, welche bei dem Meister zurück- geblieben waren, in einem finsteren Groll, der vielleicht verstärkt wurde durch geheime Mahnung des Gewissens. Wer aber heut die Gassen der Stadt betrat, der merkte nicht, daß die Bürger durch schwere Händel und Kriegsgefahr gedrängt wurden. Es war Wochenmarkt in der Fastnacht, das lustigste Frühlingsfest der Stadt. Durch die klare Luft klang da« Morgengeläut der kleinen und großen Glocken, jede der metallenen Stimmen redete vertraulich dem Stadtsohne zum Herzen, denn in jeder vernahm er den Gruß eines Schutzheiligen der Stadt und jede hatte hohe Stunden seines eigenen Lebens geweiht. Vor allen erhob den ehernen Gesang das schöne Geläut der heiligen Jungfrau, welcher die erste Rede gebührte, da sie für die himmlische Gebieterin des ganzen Preußenlandes galt; wie im Wett- streit antworteten aus der Neustadt der große Jakob und die scharfe Stimme der Dominikaner von St. Nikokaus, gleich darauf folgten mit
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