1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Hrsg.: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
die Trümmer der Bataillone und Batterien, dazwischen eingekeilt
der unendliche Troß, über die Hochebene dahin; jeder Hornruf
des nachsetzenden Feindes steigerte die Verwirrung, weckte die
gemeine Angst um das Leben. „Das waren Greuel,“ sagt Gneisenau,
dieser fürchterlichen Nacht gedenkend, „tausendmal lieber sterben,
als das noch einmal erleben!“
Gleichzeitig erfocht Davoust einige Meilen flußab einen ungleich
schwereren Sieg über die preußische Hauptarmee. Er zog auf der
Straße von Naumburg westwärts, um den Preußen den Weg zur
Elbe zu verlegen. Als seine Kolonnen am Morgen des Vierzehnten
soeben aus dem Kösener Engpässe auf die wellige Hochfläche hinauf-
gerückt waren, die bei Auerstedt steil über dem linken Saaleufer
emporsteigt, da stießen die beiden Heere plötzlich im dichten Nebel
aufeinander, beide im Marsch, beide des Kampfes nicht gewärtig,
die Preußen hier an Zahl dem Feinde reichlich gewachsen.
Schon während der ersten Stunden der Schlacht wurde der
Herzog von Braunschweig tödlich verwundet; das preußische Haupt-
heer blieb in den entscheidenden Augenblicken ohne Oberbefehl.
Wohl drang Scharnhorst mit dem linken Flügel siegreich vor; aber
es gelang dem Feinde, den rechten Flügel zu werfen, und nun
mußte auch Scharnhorst weichen. In leidlicher Ordnung ging das
Heer zurück, um weiter westlich gegen Norden abzubiegen und
den Weg über Sangerhausen nach Magdeburg einzuschlagen.
Dieselbe Rückzugsstraße hatte auch Hohenlohe von Weimar
aus genommen, und jetzt erst, da die beiden geschlagenen Heere
im Dunkel der Nacht aufeinander trafen, ward der Schrecken
allgemein und die Hauptarmee in die Zerrüttung des Hohenloheschen
Korps mit hineingerissen. Die Mannschaft sah stumpf und teil-
nahmslos den Untergang des alten Preußens, scharenweise verließ
sie die Fahnen; selbst Gefangene, die ein beherzter Reitertrupp
wieder befreit hatte, weigerten sich, die Waffen wieder aufzunehmen.
Als man der Heimat näher kam, stahl sich auch mancher treue Mann
zu den Seinigen hinweg. Die Altgedienten sagten: „Ich habe lange
genug den Kuhfuß getragen, der König hat junge Bursche genug,
die mögen es ausfechten.“ — Der Zauber der friderizianischen
Unbesiegbarkeit war gebrochen, ein Kriegsruhm ohnegleichen war
verloren.