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1. (Achtes und neuntes Schuljahr) - S. 304

1914 - Frankfurt am Main : Diesterweg
304 139. Chicago. Ernst von Hesse-Wartegg. Chicago ist vielleicht die gewaltigste der menschlichen Schöpfungen aller Zeiten. Erst vor fünfundsiebzig Jahren auf kahlem Prärieboden gegründet, zweimal verbrannt, zweimal aus rauchenden Trümmern neu erstanden, ist es heute schon eine Stadt, deren Pulsschlag in Neuyork ebenso verspürt wird wie in den großen Zentren Europas oder an den Küsten des Stillen Ozeans. Anfangs ein unbedeutendes Land- städtchen, war es bereits in den siebziger Jahren des verflossenen Jahr- hunderts in mancher Hinsicht der größte Markt Amerikas, das Nishnij Nowgorod eines ganzen Erteils, und wetteifert heute selbst mit Neuyork. Und in jedem Jahre entstehen auf den grünen Weideflächen Tausende von Häusern, neue Straßen, neue Stadtteile. Andere Großstädte Amerikas sind längst ,,fertig" und entwickeln sich auf einer natürlichen Grundlage; in Chicago sieht man überall den Wechsel vom Alten zum Neuen, von Armut zu Reichtum, von unstetem Wanderleben zum bleibenden Aufenthalt. Das zeigt sich nicht nur im Aussehen der Stadt, in ihrem Geschäfts- und Verkehrsleben, sondern auch in ihrer Bevölkerung, dem seltsamsten Gemisch aller Nationen der Alten und Neuen Welt, wo es mehr Zugewanderte als Eingeborene, mehr Deutsche als Amerikaner, mehr Angehörige anderer Nationen als Deutsche gibt. Die nationalen Eigentümlichkeiten sind noch nicht verwischt, die Sprachen sind noch nicht in dem alles verschlingenden Pankee-Englisch untergegangen. Die einzelnen Nationen halten noch immer zusammen und haben ihre mit Vorliebe gewählten Stadtviertel mit ihren Schulen, Kirchen, Zeitungen. Nur in dem Geschäftsviertel treffen sie auseinander, nur dieses hat allmählich ein einheitliches Gepräge angenommen, welches der Pankee-Amerikaner ihm aufdrückte. Müßiggang hat in der großen Geschäftsstadt keinen Platz. Nirgends bin ich einem größeren, lebhafteren Straßenverkehr begegnet als in der das Geschäftsviertel von Chicago enthaltenden Quadratmeile. In ihr konzentriert sich nicht nur das Eeschäftsleben der über zwei Millionen Chicagoer, sondern auch indirekt des ganzen nahe eine Million Quadrat- kilometer umfassenden nördlichen Mississippibeckens, das bis hinauf an die kanadische Grenze von Chicago abhängig ist. Ein anderer Umstand, der diese vielen Tausende auf den breiten Trottoirs und selbst in den
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