1914 -
Frankfurt am Main
: Diesterweg
- Hrsg.: Breidenstein, Heinrich
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittelschule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
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Ausdruck. Eine besondere Eigentümlichkeit des Liedes besteht darin, daß
es sangbar ist. Man unterscheidet Volks - und Kunstlieder.
Das Volkslied bringt die Denk- und Eefühlsweise des Volkes
zum Ausdruck. Der Name des Dichters ist in Vergessenheit geraten; sein
Lied aber lebt fort und ist Gemeingut des Volkes geworden. Dem Volks-
empfinden entsprechend, ist die Darstellung des Volksliedes schlicht und
einfach, natürlich, ja mitunter derb. Rhythmus und Reim sind nicht
streng durchgeführt.
Die Blütezeit des Volksliedes fällt in das 15. und 16. Jahr-
hundert. Während der Stürme des Dreißigjährigen Krieges geriet
jedoch die Volkspoesie in Vergessenheit, und erst Herder hat sie in
seinen „Stimmen der Völker in Liedern" zu neuem Leben erweckt. Später
haben Clemens Brentano und Achim von Arnim („Des Knaben
Wunderhorn"), Ah land („Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder"),
Erck („Deutscher Liederhort") u. a. reichhaltige Sammlungen von Volks-
liedern herausgegeben. Lies die auf Seite 44 bis 61 verzeichneten Volks-
lieder und gruppiere sie nach bestimmten Gesichtspunkten (Naturlieder,
Liebeslieder, geschichtliche Lieder u. dgl.)! Viele unserer Dichter (Goethe,
Uhland, Heine, Eichendorff, Hosfmann von Fallersleben) haben dem
Volksliede den schlichten, lebensfrischen Ton abgelauscht (volkstüm-
liche Lieder). Vergleiche „Heidenröslein" von Goethe, „Der gute
Kamerad" von Uhland, „Lorelei" von Heine, „Das zerbrochene
Ringlein" von Eichendorff!
Das Kunstlied ist das Werk eines bestimmten Dichters; es hat
eine kunstreichere Form als das Volkslied. Je nach dem Stoff unter-
scheidet man geistliche und weltliche Lieder. Diese zerfallen ihrem
Inhalte nach in Vaterlands-, Freiheits-, Kriegs-, Natur-, Liebes- und
Berufslieder. Hervorragende Liederdichter sind Walther von der Vogel-
weide, Goethe, Uhland, Rückert, Heine, Lenau, Eichen-
dorfs, Mörike, Wilhelm Müller, Eeibel, Martin Greif, Detlev
von Liliencron, Gustav Falke, Ferdinand Avenarius, Annette
von Droste-Hülshoff u. a.
Die Ode, Hymne und Dithyrambe gehören zur Lyrik der Be-
geisterung. Sie zeichnen sich durch Gedankentiefe, eine schwungvolle
Sprache und kühne Bilder aus. Die Ode hat weltlichen, die Hymne
religiösen Inhalt. Die Dithyrambe feiert in begeisterter, leidenschaft-
licher Stimmung irdische Freuden und Genüsse. Berühmte Odendichter
sind Klopstock und Platen. Vergleiche „Die frühen Gräber" von
Klo p stock (Ode), „Die Frühlingsfeier" von Klop stock (Hymne),
„Lied an die Freude" von Schiller (Dithyrambe)!