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1. Teil 2, Oberstufe, Teil 1 - S. 102

1901 - Kiel : Lipsius & Tischer
102 Ii. Aus der Geschichte des deutschen Vaterlandes. Sie sehen, daß wir jetzt nicht in der Lage sind, unsern Dank durch die That M beweisen. Sollten Sie später eine Bitte aus dern Herzen haben, so wenden Sie sich nur getrost an den König. Ich gebe Ihnen mein königliches Wort, daß ich für die Erfüllung sorgen werde." Von Erfurt reiste die Königin auf Wunsch des Königs nach Berlin. Die Schreckensnachricht von der verlornen Schlacht war ihr bereits voraus- geeilt. Kaum blieb ihr Zeit, das Notdürftigste zusammenzupacken. Sie fuhr dann mit ihren zum Teil noch im zartesten Alter stehenden Kindern weiter nach Stettin. Unterwegs weinte sie viel. Traurig und verwundert sahen ihre ältesten Söhne, Friedrich Wilhelm und Wilhelm, zu ihr auf. Da sagte sie zu ihnen in ihrem Herzeleid: „Ach, meine Söhne, ihr seid schon alt genug, daß ihr diese schweren Heimsuchungen fassen könnt. Ruft künftig, wenn eure Mutter nicht mehr lebt, diese unglückliche Stunde in euer Gedächtnis zurück. Aber begnügt euch nicht mit Thränen! Werdet Männer und Helden, würdige Nachfolger des großen Friedrich, und wenn ihr das Vaterland nicht wieder aufrichten könnt, so sucht den Tod, wie euer Oheim Louis Ferdinand!" In Küstrin traf die Königin mit ihrem Gemahl zusammen und setzte dann mit ihn: die Flucht nach der Ostgrenze der Monarchie fort. Die schmach- vollen Vorgänge der folgenden Wochen, als eine starke Festung nach der andern den Feinden ohne Schwertschlag überliefert wurde, beugten das Königs- panr tief danieder. Damals war es, als die Königin in ihr Tagebuch die Worte Goethes schrieb: Wer nie sein Brot mit Thränen aß, wer nie die kummervollen Nächte auf seinem Bette weinend saß, der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte. Oder sie setzte sich ans Klavier und sang mit leiser Stimme das Lied Gerhardts: Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt, der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt! Mit frommer Ergebung schickte sich wohl die Königin in die schweren Prüfungen, aber das tiefe Herzeleid über die Feigheit und den Verrat so vieler hochgestellter Offiziere fraß an ihrer Gesundheit. Diesmal widerstand noch ihre Jugendkraft; doch der Keim jener Krankheit, der sie schon so bald erliegen sollte, blieb in ihr haften. Napoleon war inzwischen in Berlin eingezogen, doch verweilte er nur kurze Zeit. Bald brach er wieder auf, um den Rest des preußischen Heeres weiter zu verfolgen. Es kam zu der blutigen Schlacht bei Eylau, wo die Preußen sich überaus tapfer wehrten, aber doch dem Vordringen des Feindes keinen Einhalt thun konnten. Die Franzosen rückten gegen Königsberg vor, und die Königin, die dort kaum angekommen war, mußte auf weitere Flucht denken. In einer der kältesten Nächte des Januars 1807 verließ sie die ctadt.
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