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1. Schul-Lesebuch - S. 148

1863 - Berlin : Stubenrauch
148 Er unser Land vor solchen Gräueln, wie sie unsere Väter haben erleben müssen! — Ueber zwanzig Jahre wüthete nun schon der Krieg, welcher nachmals der dreißigjährige genannt worden ist, und noch war sein Ende nicht abzusehen. Um des Glaubens wil- len war er begonnen worden; für das Evangelium und das lau- tere Wort Gottes stritten die evangelischen Fürsten und Völker wider die Katholiken, an deren Spitze der Kaiser stand, und die darauf aus waren, die evangelische Kirche von der Erde zu ver- tilgen. Und für ihren Glauben haben unsere Vorfahren Gut und Blut darangesetzt und so Schreckliches erduldet, daß es kaum glaubt, wer es hört. Es ist gut, daß das Geschlecht, das heute lebt, und die, so nach uns kommen werden, dessen nimmer ver- gessen. — Aber im Kriege verwildert der Mensch. Es ist am Ende des Krieges, als das Blut schon in Strömen geflossen war, vom Glauben nicht groß mehr die Rede gewesen. Da haben die Soldaten, die doch den Christennamen trugen, ärger gehaust, denn Heiden pflegen, und kann man nicht sagen, wer es ärger getrie- den hat, die Katholiken oder Evangelischen. Wie grauenhaft zumal sah es in dem Stammlande des jun- gen Kurfürsten aus, als er die Regierung antrat! Wer da das Land durchzog, dem kamen die Thränen in die Augen über den Gräuel der Verwüstung. Wo vor wenig Jahren noch Dörfer gestanden hatten, sah der Wandersmann nichts denn Schutt, und das Gras wuchs über den Trümmern. Auch die Gotteshäuser waren ein Raub der Flam- men geworden; kaum daß die Mauern derselben noch standen. Wenn der Frühling in's Land kam, kehrten die Störche und Schwalben wohl wieder zurück; aber das Dach, welches sie so lange beherbergt hatte, fanden sie nicht. Im Sommer wurden die Bäume zwar grün; aber kein Saatfeld erfreute des Menschen Herz, und der Landmann konnte nicht voller Dank und Hoffnung auf den Segen der Felder blicken. Sie lagen brach und wüst. Wußte doch keiner, ob's ihm vergönnt sein würde, die Ernte sicher einzubringen; und wenn's auch geschah, wer konnte sagen, ob mor- gen nicht schon die Feinde ihre Lust daran finden würden, die Scheunen in Brand zu stecken? Dazu fehlte es an Händen, die Felder zu bebauen. Zu Tausenden hatte der Krieg die Menschen hingerafft; was das Schwert nicht fraß, das riß Hungersnoth und Pest in's Grab. In den Städten lugte auch das Elend in's Fenster hinein. Es standen 200 Häuser in der Hauptstadt leer und hatten keine Bewohner, da Friedrich Wilhelm Kurfürst ward. Es war freilich überall so in deutschen Landen; vom Rhein bis über die Oder, von der Nord- und Ostsee bis tief nach Süden hin, wo der Donaustrom fließt, war ein grenzenloses Elend eingekehrt. Denn durch das ganze deutsche Land waren die wil-
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