1863 -
Berlin
: Stubenrauch
- Hrsg.: Menzel, J., Richter, Carl, Wetzel, Friedrich, Menges, Heinrich
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
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3. «Quftao ctöospfj erscheint in Deutschland.
Jener Schrei der Entrüstung, den die Evangelischen in
Deutschland ausgestoßen, fand in dem Herzen des frommen Kö-
nigs von Schweden, Gustav Adolph, einen Wiederhall. Erst
17 Jahr alt, hatte er den schwedischen Thron bestiegen. Mit
einer leutseligen Freundlichkeit verband er eine hohe Würde. Die
Kraft der Rede stand ihm in besonderem Maaße zu Gebote. Un-
erschrockenheit im wildesten Schlachtgewichte unterstützte seine Feld-
herrnkuust. Ein frommer, evangelischer Sinn, der jede seiner
Handlungen leitete, verband sich mit ächt christlicher Tapferkeit.
Durch Kriege gegen Polen, Rußland und Dänemark hatte er sich
ausgezeichnete Führer und ein vortreffliches Heer gebildet. — Jetzt
beschloß er, den deutschen Glaubensbrüdern beizustehen. Tief
bewegt, seine sechsjährige Tochter Christine an der Hand, nahm
er von den Seinen Abschied. Er schloß seine Rede mit den
Worten: „Ich sage euch Allen Lebewohl; ich sage es vielleicht
auf ewig!" —
Mit nur 15,000 seiner Kerntruppen landete er in Pommern
(1630). Angesichts seines Heeres fiel er auf die Kniee nieder und
betete. — „Weint nicht," sprach er darauf zu seinen umstehenden
Offizieren, denen Thränen in den Augen standen, „sondern betet
inbrünstig von Grund eures Herzens. Je mehr Betens, desto
mehr Siegens." —
Zuerst vertrieb er die Kaiserlichen aus Pommern/ Mecklen-
burg und Brandenburg. Holland, England und Frankreich ver-
bündeten sich mit ihm. Die deutschen Fürsten mißtrauten ihm
Leider. Ja sein Schwager, Georg Wilhelm von Brandenburg,
wollte es lieber mit den Kaiserlichen, als mit den glaubensver-
wandten Schweden halten. Erst als Gustav Adolph bei einer
Zusammenkunft in der Cöpenicker Haide vor Berlin dem Kurfür-
sten sagte: „Ihr werdet es einst vor Gott zu verantworten haben,
daß ihr um des Evangelii willen nichts habt thun wollen," gab
dieser die Festungen Spandau und Küstrin an die Schweden.
Nun eilte der König, um Magdeburg von Tilly zu befreien, der
es hart belagerte. Er konnte das Geschick der unglücklichen Stadt
nicht wenden. Sie wurde am 10. Mai 1631 von den furchtbaren
Schaaren Tillys im Sturm genommen und ward der Schauplatz
furchtbarer Gräuel und unmenschlicher Mordthaten. Eine Stunde
nach dem Beginn des Mordens und Plünderns brach eine Feuers-
brunst aus. Am Abend lag die ganze Stadt bis auf einige Fischer-
hütten und den ehrwürdigen Dom in Asche. Von 35,000 Einwoh-
nern waren etwa noch 5000 übrig; alle anderer, hatten den Tod
durch daß Schwert, durch qualvolle Martern oder in den Flam-
men gefunden.