1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
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setzten sich zur Wehr; die meisten Messenier wurden mit den Messern,
womit die Frauen die Opferthiere schlachteten, und mit den Spießen,
woran sie das Fleisch steckten, um es zu braten, verwundet; auf Aristo-
menes aber schlugen sie mit brennenden Fackeln und nahmen ihn gefangen.
Doch Archidamia, die Priesterin, ließ ihn frei und gab vor, er habe die
Stricke durchgebrannt und sei entronnen. Aristomenes aber rettete sich in
derselben Nacht nach Messenien.
Doch im dritten Jahre des Krieges erlitten die Messenier bei Mega-
lotaphros, d. i. beim großen Graben, eine schwere Niederlage. Aristo-
krates, König der mit ihnen verbündeten Arkadier, war von den Lacedä-
moniern bestochen worden und zog sich gleich im Anfange der Schlacht mit
den Seinen zuriick, wodurch die Messenier so in Verwirrung geriethen,
daß die Lacedämonier ohne Mühe einen leichten Sieg davon trugen und
eine große Menge der Messenier erschlugen.
Nach diesem Treffen sammelte Aristomenes die Reste der Messenier
und zog sich mit ihnen nach der Bergfestung Eira, die nun von den Lace-
dämoniern elf Jahre lang belagert wurde. Von hier aus unternahm Ari-
stomenes Streifzüge bis in das Innere des lakonischen Landes; auf einem
solchen Zuge stieß er einst auf eine starke Abtheilung der Lacedämonier.
Er vertheidigte sich, erhielt mehrere Wunden, ein Stein traf ihn an den
Kopf, es verdunkelten sich ihm die Angen, er fiel, haufenweise liefen die
Lacedämonier hinzu und nahmen ihn gefangen. Es wurden aber auch
fünfzig seiner Gefährten gefangen genommen; diese alle beschlossen sie in
die sogenannten Käaden, eine Grube, worein man Missethäter warf, zu
stürzen. Die übrigen Messenier nun, die hineinfielen, kamen sogleich um,
den Aristomenes aber soll ein Adler, der unter ihm geflogen, ans sei-
nen Flügeln gehalten und unverletzt und ohne irgend eine Wunde auf den
Boden hingebracht haben. Als er auf den Grund des Schlundes ge-
kommen war, legte er sich nieder, zog das Gewand über das Gesicht und
erwartete den Tod, den er für unvermeidlich hielt. Am dritten Tage
daraus hörte er ein Geräusch, er enthüllte sein Gesicht und erblickte einen
Fuchs, der an den Leichnamen fraß. In der Voraussetzung, daß das
Thier irgend woher einen Eingang habe, wartete er es ab, bis der Fuchs
sich ihm näherte. Als er ihm nahe gekommen war, ergriff er ihn, mit
der andern Hand aber hielt er ihm, so oft er sich gegen ihn wendete, das
Gewand vor und ließ ihn hineinbeißen. Den größten Theil lief er mit
dem laufenden Fuchse; an Stellen, wo schwer durchzukommen war, ließ er
sich auch von ihm nachziehen. Endlich sah er ein Loch, das für den
Fuchs zum Durchkriechen groß genug war, und Licht durch dasselbe. Der
Fuchs eilte, als er von Aristomenes losgelassen worden war, seiner
Höhle zu. Aristomenes aber machte das Loch, das zum Durchkommen
für ihn zu klein war, mit den Händen weiter und entkam zu den Seinen
nach Eira.
Den Lacedämoniern wurde sogleich von Ueberläufern gemeldet, daß
Aristomenes unversehrt zurückgekommen sei. Sie hielten es aber für un-