1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
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in Afrika besaßen, den Römern abtreten: Spanien, Sicilien, Sardinien;
alle römischen Kriegsgefangenen mußten sie umsonst ausliefern, alle ab-
gerichteten Elephanten herausgeben und versprechen, nie wieder solche
Thiere abzurichten; alle Kriegsschiffe bis auf zehn mußten sie verbren-
nen, den Römern die Kosten des Kriegs bezahlen (über zehn Millionen
Thaler!) und endlich geloben, ohne Einwilligung der Römer nie einen
Krieg anzufangen.
Als zur Abtragung der ungeheuren Entschädigungssumme eine Kopf-
steuer augeordnet wurde, weinte Alles in Karthago; Hannibal aber lachte
bitter und rief: „Damals hättet ihr weinen sollen, als ihr vor den Römern
flöhet, euch die Waffen genommen und die Schiffe verbrannt wurden!"
6.
So sehr nun auch Karthago gedemüthigt war, so konnte doch Han-
nibal nicht in unthätiger Ruhe sein Leben beschließen. In Syrien herrschte
damals ein eroberungssüchtiger König, Antiochus. An diesen schickte
Hannibal heimlich Gesandte, die ihn aufmuntern sollten, sich mit den un-
zufriedenen Griechen gegen die Römer zu verbinden und diese in ihrem
eigenen Lande, in Italien, anzugreifen. Allein die Unterhandlung ward
verrathen, römische Gesandte erschienen in Karthago und verlangten die
Auslieferung des Hannibal. Die Karthager hätten sich diesem Verlangen
wohl fügen müssen; Hannibal aber entrann in der Nacht, bestieg ein
Schiff, das er schon längst für solche Fälle bereit gehalten hatte, und
setzte nach der kleinen Insel Cercina über. Hier lagen einige karthagische
Kaufmannsschiffe; man empfing ihn mit Jubel, wunderte sich aber, ihn
hier zu sehen. Doch er kam jedem Verdachte durch die Erdichtung zuvor,
er gehe als Gesandter nach Tyrns, der Mutterstadt Karthago's. Indeß
konnte leicht ein Schiff nach Karthago absegeln und Nachricht von dem
Aufenthalte Hannibal's bringen. „Hört," sprach er daher zu den Schiffern,
„rückt eure Schiffe zusammen und spannt die Segel aus, damit wir vor
der Abendsonne beschirmt im Schatten trinken können!" Der Vorschlag
fand Beifall, man veranstaltete ein Mahl, und Hannibal nöthigte fleißig
zum Trinken. Als Alle berauscht fest schliefen, lösete er sein Schiff und
ruderte mit seinen wenigen Getreuen davon, nach Asien zum Antiochus.
Dieser beschloß sogleich Krieg gegen Rom, aber er war wohl ein ruhm-
süchtiger, doch kein großer Mann. Als die Römer heranrückten, ward er
unschlüssig, achtete nicht auf Hannibal's Rathschläge und ließ die beste
Gelegenheit zum Siege ungenützt vorübergehen. Da ward er geschlagen
und mußte einen schimpflichen Frieden schließen, worin ihm auch zur Be-
dingung gemacht wurde, den Hannibal an die Römer auszuliefern. An-
tiochus willigte ein; aber Hannibal entfloh nach dem nordwestlichen Theil
Kleinasiens zum Könige von Bithynien. Auch an diesen schickten die Rö-
mer Gesandte und erklärten es für eine Feindseligkeit gegen Rom, wenn
er dessen erbittertstem Feinde Schutz gewährte. Der eingeschüchterte Kö-
nig ließ Hannibal's Haus mit Wachen umringen, die Wege der Flucht