1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
200
waren dem Unglücklichen gesperrt; nur ein einziges Mittel blieb ihm, um
dem Schicksal zu entgehen, in Rom als Sklave aufgeführt zu werden.
Lange schon trug er bei sich ein Fläschchen mit Gift; als die Bewaffneten
zu ihm eindrangen, zog er es hervor und trank es aus. So starb der
größte Feldherr der alten Welt.
3. Der Censor Kato.
Die Römer hatten sich in Asien an die Schwelgerei und Ueppigkeit
gewöhnt. Je mehr Schätze die Republik und die einzelnen Bürger gewan-
nen, desto mehr dachte Jeder nur darauf, wie er am besten leben könnte,
und nicht, wie er am besten dem Staate diente. Dabei wurden die
Reichen immer mächtiger, mit Gold konnte man jetzt mehr ausrichten als
sonst, und solche Männer, wie Fabricius und Kurius waren, wurden im-
mer seltener. Ein Mann von altem Schrot und Korn war der Censor
Kato, der wollte mit alter Gewalt die früheren einfachen Sitten wieder-
herstellen. Er fürchtete, daß leicht Einer zum Tyrannen sich auswerfen
könnte, wenn die Bürger einem weichlichen Leben sich ergeben würden,
wenn sie schöne Paläste baueten, Kunstwerke aufstellten und den Griechen
es nachthun wollten. Auf die Griechen hatte der strenge Mann besonders
seinen Haß geworfen, denn von diesen kamen viele nach Rom, um die
jungen Römer in griechischer Kunst und Wissenschaft zu unterrichten.
Manche jener Griechen waren allerdings Schwätzer und ausschweifende
Menschen, welche einem Republikaner wie Kato nicht gefallen konnten.
Feinheit und Anmuth und Kunst, meinte dieser, gezieme nur Sklaven, die
kein Vaterland hätten. So versuchte er denn, alle griechischen Redner,
Lehrer und Künstler aus Rom zu vertreiben, und darin standen ihm auch
Manche von den Volkstribunen bei. Scipio, der ruhmgekrönte „Afrikaner",
wie er seit seinem Siege über Hannibal genannt wurde, war diesen Män-
nern auch verhaßt, weil er Gefallen hatte an griechischer Weisheit und
Kunst, aber auch, weil sie meinten, es wäre für den Freistaat gefährlich,
wenn Einer so viel bedeute. So klagten denn zwei Tribunen den treff-
lichen Mann unter dem Vorwände an, er habe auf seinen Feldzügen Gel-
der, die dem Staate gehörten, veruntreut und für sich behalten.
An dem Tage, wo die Sache verhandelt werden sollte, kam Scipio
auf das Forum, mit einem Lorbeerkranz um die Stirn. Er sprach: „Heute,
ihr Römer, ist der Tag, wo ich einst über Hannibal in Afrika einen herr-
lichen Sieg erfochten habe. Kommt, laßt uns auf das Kapitol gehen und
den Göttern dafür danken!" Da jubelte das Volk und folgte ihm nach;
von der Anklage war nun nicht mehr die Rede. Scipio aber mochte seit
dieser Zeit nicht mehr in Rom bleiben; er ging auf sein Landgut und
lebte dort in stiller Zurückgezogenheit bis an seinen Tod, der in demselben
Jahre erfolgte, in welchem Hannibal sich selber das Leben nahm.
Der Censor Kato fuhr indessen fort, die Prunksüchtigen zu strafen
und gegen die Erpressungen der Reichen und Mächtigen zu eifern; doch
konnte er der zunehmenden Zügellosigkeit keinen Damm mehr entgegensetzen.