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1. Das Mittelalter - S. 11

1866 - Leipzig : Brandstetter
9 aber zog stolz und in Siegeshoffnung durch den Teutoburger Wald heran. Da fand er auch den Wahlplatz, wo die Legionen gefallen waren, und begrub die meisten Gebeine feiner erschlagenen Landsleute. Noch standen die Altäre, ans welchen die Hauptleute der Römer den Göttern geopfert waren. Germanikus zog Rache schnaubend tiefer in's Land hinein; da kam wiederum Hermann wie im Sturm mit seinen Schaaren herbei und schlug die Römer zurück. Die flohen in Eile bis hinter den Rhein. Doch Germanikus rüstete sich mit neuer Macht und bot alle List und Kriegskunst auf. An den Meeresküsten fuhr er mit einer Flotte bis hin zur Ems; von dorther drang er jetzt in's Land. Da wichen die Cherusker, in der Gegend, wo heutzutage Minden steht, hinter die Weser zurück und erwarteten ihn zur Schlacht. Bevor sie begann, sah Hermann seinen Bruder Flavins auf feindlicher Seite stehen und rief ihm zu: „O komm' herüber zu deinem freien Volk, mein Bruder! Was kämpfest du in den Reihen der Römer gegen dein eigenes Vaterland? Kennst du die alten Eichen nicht mehr? Hörst du nicht, wie sie dir Grüße zuranschen aus unserer Knabenzeit? Wirf hin, wirf sie von dir die goldenen Ehrenzeichen, mit denen die Römer deine Knechtschaft vergülden! Wie ist es doch viel schöner, von freien Brüdern geliebt zu sein und auf heimischer Erde zu sterben!" Aber Flavins war zum Römer geworden und hatte kein Herz mehr für solche Worte. Da gebot Hermann voll Grimm die Schlacht; sie dauerte vom Morgen bis tief in die Nacht. Klug hatte Hermann den Plan erdacht und bestellt; doch die Wuth des Kampfes verdarb das Wohlersonnene. Die Cherusker rannten von den waldigen Hügeln, wo Hermann sie aufgestellt, zu früh in's Thal hinab. Dadurch entstand Ver- wirrung. Die Römer benutzten sie, drangen von allen Seiten vor und wurden Meister des Schlachtfeldes. Da stürmte Hermann hoch zu Roß wider die Bogenschützen und bahnte sich endlich eine Gasse. Plötzlich stieß er wieder gegen eine lebendige Mauer; das waren die römischen Bundes- genossen aus Gallien, aus Tyrol, vom Lech. Verwundet, daß das Blut ihm über's Gesicht rann und ihn unkenntlich machte, brach der tapfere Held dennoch durch und gewann das Freie. Wie aber die Römer den Rückzug antraten, stand alles Volk in den Gauen wider sie auf und abermals ward grimmig geschlagen bis tief in die Nacht. Die Römer nannten's einen Sieg, zogen sich aber doch eiligst zurück. Daraus fuhren sie auf der Ems in's Meer, dort zerstörte der Sturm ihre Flotte. Ungebeugt durch diesen Verlust griff Germanikus die Chatten und Marsen an, legte das Land wüst und hoffte mehr denn je, Deutschlands Meister zu werden. Doch der Kaiser Tiberius, eifer- süchtig auf den Ruhm des tapfern Germanikus, rief ihn zurück und sprach dabei ein Wort, das sich leider zu allen Zeiten als wahr erwiesen hat: „Sicherer als durch fremde Waffen wird die Kraft der Deutschen durch sie selbst gebrochen!"
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