1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
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Lande Unterwalden durch Feuer, das sie auf den Alpen anzündeten, das
Zeichen, daß die Freiheit gerettet sei. Nun brachen die im Lande Uri die
Burg, die Geßler erbaut und „Zwing Uri" genannt hatte, und in Schwyz
zerstörte der Stauffacher mit den Eidgenossen die Herrenburg auf der Insel
Schtvanau im Lowerzer See. Da war lauter Jubel in den drei Wald-
stätten, und Alle dankten Gott inbrünstig, daß er ihnen gegen die Zwing-
herren beigestanden hatte. Der 1. Januar 1308 war der helle Neujahrs-
morgen der Freiheit und des Schweizervolkeö.
5.
Als Kaiser Albrecht hörte, was die Schweizer gethan, entbrannte er
vor Zorn und schwur diesen „elenden Hirten" bittere Rache. Aber die
Vorsehung hatte es anders beschlossen. Unter den Vielen, die von Albrechts
Herrschsucht und Ländergier beleidigt wurden, war auch sein eigener Neffe,
Johann von Schwaben. Dieser hatte von seinem Vater, einem
Bruder des Kaisers, die habsburgischen Herrschaften und Vogteien im
Elsaß, in der Schweiz und in Schwaben geerbt, und als er zum Jüng-
ling herangewachsen war, forderte er vom Oheim die Herausgabe der Erb-
güter. Doch Albrecht vertröstete den Neffen von einer Zeit auf die andere.
Im Frühjahr 1308 war der Kaiser selbst in die habsburgischen Erblande
gekommen. Als er zu Baden Mittag hielt — es war gerade der erste
Mai — brachten die Einwohner dem Könige Maienkränze. Da nahm
Albrecht den schönsten, legte ihn lächelnd auf das Haupt seines Neffen
und sprach: „Seht, solch' eine Krone mögt Ihr wohl tragen; die andere
ist für Euch noch zu schwer!" Dieser Hohn brachte ein schwarzes Vor-
haben zur Reife, das schon längst in des Jünglings Brust gekeimt hatte.
Vier andere Ritter bestärkten den jungen leidenschaftlichen Mann in seinem
Vorsatze; ihre Namen waren Rudolph von der Wart, Walther von Eschen-
bach, Rudolph von Palm und Konrad von Tegernfeld, Johann's Erzieher.
Von Baden aus wollte Albrecht nach Rheinfelden reiten, wo seine
Gemahlin ihn erwartete. Als er an die Reuß gekommen war, drängten
sich die Verschworenen auf die schmale Fähre, um zuerst mit ihm hiuüber
zu kommen. Und als sie drüben waren, fiel Eschenbach dem König in die
Zügel und Johann rannte ihm mit den Worten: „Das ist der Lohn
deines Unrechts!" den Speer in den Hals, Palm aber durchbohrte ihn mit
dem Schwerte. Nach einem lauten Schrei sank er ohnmächtig vom Pferde.
Eine arme Frau war in der Nähe und eilte herzu; in ihrem Schooße
gab Albrecht seinen Geist auf, nahe am Fuße seiner Stammveste, der alten
Habsburg.
Die braven Schweizer wußten aber ihre Freiheit nicht blos zu er-
obern, sie wußten sich auch gegen die Fürstenmacht und den Andrang des
Adels zu behaupten. Leopold, Albrecht's jüngster Sohn, rückte im Jahr 1386
mit einer auserlesenen Schaar gegen die „elenden Bauern" an, die er
leicht zu vernichten hoffte. Die geharnischten Ritter hatten sich in langen
Reihen mit vorgehaltenen Lanzen aufgestellt; die Schweizer rannten in