1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
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2.
Roland aber war noch nicht gefallen, sondern als die Heiden sich zu-
rückzogen, kehrte er zurück und forschte, wie es mit den Seinen stünde.
Da erblickte er einen Mauren, der kampfesmüde sich in den Wald zurück-
gezogen hatte und dort ausruhcte. Sogleich ergriff ihn Roland lebendig
und band ihn mit vier starken Stricken an einen Baum. Dann stieg er
auf eine Anhöhe, um sich nach den Feinden umzusehen, und als er erkannt
hatte, daß ihrer viele in der Nähe waren, stieß er in sein gewaltiges Horn,
um die Franken zu rufen, welche etwa noch leben und sich verloren haben
möchten. Da versammelten sich ungefähr hundert um ihn und mit diesen
stieg er wieder hinab in's Thal Ronceval. Als er zu dem Mauren kam,
den er vorher gefesselt hatte, band er ihn los und erhob die entblößte
Klinge seines Schwertes über das Haupt des Gefangenen und sprach zu
ihm: „Wenn du jetzt mit mir kommst und mir den Marsilies zeigst, so
sollst du das Leben behalten, wenn aber nicht, so mußt du sterben." Da-
mals kannte Roland den Marsilies noch nicht. So ging denn der Maure
voran und Roland folgte ihm, und der Gefangene zeigte ihm bald in der
Ferne unter den Reihen der Mauren den Marsilies, der auf seinem Roth-
fnchs saß und den runden Schild schwang. Da ließ Roland seinen Ge-
fangenen entweichen, er betete zu Gott und stürzte sich dann mit seiner
kleinen Schaar aus die Mauren. Einer von diesen kam zu Roland heran,
der war größer und stärker als die Andern; aber Roland faßte sein
Schwert und spaltete ihn mit Einem Hiebe vom Scheitel an. also daß rechts
und links vom Pferde ein halber Maure niedersank. Da erfaßte Schrecken
die Andern, sie eilten davon und ließen Marsilies mit wenigen Begleitern
allein im Felde. Roland vertrauete auf Gott und auf die Kraft seines
Armes und drang in die Reihe der Mauren, gerade auf Marsilies los.
Der begann zu "fliehen, aber Roland erreichte ihn und schlug ihn mit
starker Hand, also daß auch Marsilies hinfiel und starb.
Unterdessen waren die hundert. Begleiter Roland's, die vom Franken-
heer noch übrig waren, alle gefallen und Roland selbst war von vier
Speeren und vielen Steinwürfen hart verletzt und nur mit Mühe gelang
es ihm, zu entkommen. König Karl aber war mit seinem Heere schon über
die Spitze der Berge hinüber und wußte nichts von dem, was in seinem
Rücken geschah. Da irrte der gewaltige Held Roland kampfesmüde und
tiefbekümmert um den Untergang eines so herrlichen Heeres einsam umher
und kam bis an den Fuß des Berges, welchen er nicht mehr zu über-
steigen vermochte. Dort stand ein Baum neben einem Marmorstein, hier
sprang Roland vom Pferde und überdachte sein Geschick. Noch hatte er
sein Schwert Durenda, das herrliche und leuchtende, von kostbarer Arbeit,
scharf zugleich und stark, das nur Roland's Arm mit rechter Kraft schwin-
gen konnte. Den Namen Durenda hatte es aber von seinen harten Schlä-
gen (ckui'us — hart). Dies Schwert zog Roland aus der Scheide, be-
trachtete es traurig, und mit Thränen in den Augen sprach er dann: „O