1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Europäische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
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dahin mit kindlichem Gehorsam gedient hatte. Zuerst wandte sie sich nach
Banco nleurs, wo sie bei dem dortigen Befehlshaber, Baudricourt,
Zutritt fand (1429). Als sie diesem Manne ihr Vorhaben eröffnete, hielt
er sie für eine Schwärmerin und wollte nichts von ihr wissen. Doch
entschloß er sich endlich, ihretwegen an den König Karl zu berichten. Die
Antwort war, er möchte sie schicken, damit man sie näher prüfen könne.
So zog denn Johanna in Mannskleidern, zu Pferde und im Geleite meh-
rer Ritter, an den französischen Hof.
Unterwegs erwarb sie sich durch ihre kluge Rede, durch ihre Gottes-
furcht und Sittsamkeit große Achtung von Seiten ihrer Begleiter. Als
sie in Chinon angekommen war, dauerte cs eine lange Zeit, bis sie bei dem
Könige vorgelassen wurde. Karl Vii. war lange ungewiß, ob er ihren
Offenbarungen trauen oder sie für teuflisches Blendwerk halten solle.
Endlich ließ er sie vor sich kommen und die Jungfrau erkannte sogleich
den König, obgleich sich dieser.ohne alle Zeichen seiner Würde unter den
Haufen der Hoflente gemischt hatte. Dann entdeckte sie ihm auch ein Ge-
heimniß, daß Niemand außer dem Könige wissen konnte. Das erregte
großes Aufsehen. Um aber ihre göttliche Sendung außer allen Zweifel
zu setzen, ließ Karl Vii. zuerst von einer Versammlung Geistlicher, dann
von dem Parlament zu Poitiers sie prüfen und Alle thaten den Ausspruch,
Johanna sei von Gott zur Rettung Frankreichs gesandt.
4.
Nun ward der Entschluß gefaßt, dem wunderbaren Mädchen, als
einer göttlichen Prophetin, die Führung des Heeres anzuvertrauen. Sie
erhielt, ihrem Verlangen gemäß, ein Schwert, das in der Katharinenkirche
zu Fierbois aufbewahrt wurde und das sie genau beschrieb. Dann erbat
sie sich eine weiße, mit Lilien gestickte Fahne, worauf Gott mit der Welt-
kugel in der Hand abgebildet war und die Worte geschrieben standen: „Je-
sus Maria!" Diese Fahne trug sie, wie sie selbst sich äußerte, um das
Schwert nicht brauchen zu dürfen. Hierauf legte sie Mannskleider an,
panzerte sich vom Kopf bis zu den Füßen und bestieg dann ein Strcitroß.
Mit dem Gefolge, und Ansehen eines Feldherrn ward sie nach Blois ge-
sendet zu den französischen Truppen, die Orleans entsetzen oder wenigstens
mit neuer Zufuhr versehen sollten. Der Glaube an ihre göttliche Sen-
dung zog ihr voran.
Als sie zu Blois angekommen war, drang sie vor Allem bei den
Soldaten auf Religionsübung und gute Sitten. Sie befahl, daß Alle
beten, die Messe hören, beichten und das heilige Abendmahl genießen soll-
ten; sie beschränkte das Fluchen, Spielen, Plündern; sie vertrieb alle lie-
derlichen Dirnen aus dem Lager und sprach den Soldaten Muth und
Trost ein. Den Engländern ließ sie ihre Ankunft verkündigen und befahl
ihnen im Namen Gottes ihr sogleich Platz zu machen. Darauf traf sie
Anstalten, um die Zufuhr nach Orleans zu bringen und sich selbst in diese
hart bedrängte Stadt zu werfen.