1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
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die Bundeshäupter ihm den Befehl zuschickten, Throl sogleich zu räumen,
weil der König Ferdinand (des Kaisers Bruder), der Herr des Landes,
den Krieg noch nicht erklärt habe. So war der Kaiser durch die Uneinig-
keit und# Planlosigkeit seiner Gegner aus der drohenden Gefahr gerettet
und hatte Zeit, sein Heer zu verstärken.
Alsbald brach auch das sächsische und hessische Heer nach Süddeutsch-
land auf. Die beiden Bundeshänpter schickten dem Kaiser eine förmliche
Kriegserklärung zu, in welcher es unter Anderem hieß, sie seien sich keiner
Widersetzlichkeit gegen ihn bewußt; er aber habe die Absicht, ihren Glauben
und die Freiheit des Reiches gewaltsam zu unterdrücken. Der Kaiser ant-
wortete aber damit, daß er die Reichsacht über sie anssprach, sie Empörer,
Meineidige und Verräther nannte, die ihm Krone und Szepter nehmen
wollten, und daß er dem Herzog Moritz von Sachsen die Aussührung
der Reichsacht auftrug.
Sogleich brach dieser in Gemeinschaft mit dem König Ferdinand in
das Land seines Vetters ein und eroberte es im Nu., Als Johann Friedrich
diese Schreckenspost empfing, war er nicht mehr zu halten, sondern brach
mit seinem Heere aus, um das Kursürstenthnm zu retten. Der Rest der
Bundestruppen, nun zu schwach, dem Kaiser widerstehen zu können, bat
demüthigst um Frieden und ging auseinander. Wie im Triumphe zog
Karl durch Oberdeutschland; seine Gegenwart schreckte Alles zu dem alten
Gehorsam zurück. Die früher so übermüthigen Städte öffneten ihm de-
müthig ihre Thore und kauften seine Gnade um vieles Geld.
3.
Moritz war unterdeß selbst in's Gedränge gekommen und hatte, statt
fremdes Land zu erobern, beinahe das sinnige verloren. Jetzt aber rückte
das siegreiche kaiserliche Heer in Eilmärschen zur Hülfe herbei, und stand
schon am 22. April (1547) an der Elbe, nicht weit von Meißen, wo sich
eben der Kurfürst befand. Dieser glaubte den Feind noch weit entfernt,
und wurde nun sehr überrascht. Eiligst zog er sich mit seinem kleinen
Heerhaufen auf das rechte Elbufer und ließ die Brücke hinter sich abbrechen.
Nun trennte ihn der breite Strom von seinem mächtigen Gegner und rnhig
zog er sich hinunter bis Mühlberg. Karl folgte ihm auf dem linken
Ufer. Am Abende vor der Schlacht ritt der Kaiser mit seinem Bruder
Ferdinand und mit Herzog Moritz am Ufer hin, um die Gegend anzusehen.
Die Elbe fluthete stark, jenseits standen die Feinde und hatten alle Kähne
auf das rechte Ufer geführt. Da brachte der kaiserliche Feldherr, Herzog
Alba, einen Müller herbei, der aus Rache, weil ihm die Sachsen zwei
Pferde weggenommen hatten, den Kaiserlichen einen seichten Ort in der
Elbe, gerade der Stadt Mühlberg gegenüber, entdeckte, wo ein Reiter ohne
Gefahr an das jenseitige Ufer gelangen konnte.
Am Morgen des folgenden Tages (24. April), der das Schicksal des
Kurfürsten entscheiden sollte, lag ein dichter Nebel über der Gegend. Meh-
rere spanische Soldaten warfen ihre Rüstung ab, stürzten sich in den Strom,