1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
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Hans Holbein.
1.
Holbein wurde 1498 in Augsburg geboren, war also 27 Jahre jünger
als Dürer. Auch sein Vater war ein Maler, der den Knaben früh zur
Malerkunst anhielt. Nachdem der alte Holbein an verschiedenen Orten
gewesen war, ließ er sich endlich in Basel nieder und hier zeichnete sich
der Jüngling bald so aus, daß ihm der Magistrat den Auftrag gab, die
Wände des Rathhauses inwendig und auswendig mit Malereien zu
schmücken. Davon ist aber fast gar nichts mehr vorhanden, weil die
Feuchtigkeit Alles unscheinbar gemacht hat. In seiner Jugend hatte Hol-
bein wenig zu leben und mußte daher jede Arbeit, die ihm ausgetragen
wurde, annehmen. Man zeigt in Basel noch ein Aushängeschild, das er
für einen Schulmeister malte; oben ist eine Schulstube mit Kindern und
erwachsenen Schülern dargestellt und darunter die Einladung zum Ein-
treten. 'Auch Häuser hat er oft bemalt, denn damals war es üblich, die
ganze Vorderseite der Häuser mit allerhand Bildern und Geschichten zu
verzieren. So gab ihm einst ein Apotheker den Auftrag, sein Haus aus-
wärts mit dergleichen Bildern zu versehen. Holbein machte dazu ein Ge-
rüste und verhängte dies so, daß man von außen nur seine beim Sitzen
herabhängenden Beine wahrnehmen konnte. Zuweilen wurde indeß dem
Maler die Zeit lang, und da er ein lebenslustiger Jüngling war, so
schlich er dann und wann nach einem benachbarten Weinhause. Aber der
Apotheker, wenn er die Beine nicht mehr sah, wurde unwillig und schalt
über die Versäumniß. Was that nun Holbein? Er malte seine herab-
hängenden Beine aus die Wand und zwar so natürlich, daß der Apotheker
lange dadurch getäuscht wurde. Uebrigens verstand Holbein außer der
Malerei auch das Form- und Holzschneiden und seine Holzschnitte werden
noch jetzt sehr geschätzt.
Etwas unbesonnen muß er in der Jugend gewesen sein, denn er hei-
rathete ohne Ueberlegung, als er kaum 20 Jahre alt war und noch gar
keine sichern Einkünfte hatte, um ein Hauswesen einrichten zu können. Es
ging ihm in der Ehe nicht viel besser als dem Albrecht Dürer. Seine
Frau war weder schön an Körper, noch freundlichen Gemüths, dazu viel
älter als er. Da der junge Künstler in Basel schlecht bezahlt wurde
und nicht genug Arbeit fand, machte er sich auf, um als wandernder
Maler sich Geld zu verdienen. Er reiste in der Schweiz und in
Schwaben umher und bemalte die Häuser reicher Leute von innen und
von außen.
Eine wichtige Bekanntschaft machte Holbein nach seiner Znrückknnst
in Basel. Der berühmte Erasmus von Rotterdam, einer der witzigsten
und gelehrtesten Köpfe jener Zeit, gewann den jungen Künstler lieb, ob-
gleich sie an Alter zu verschieden waren, um vertraute Freunde zu wer-
den. Einstmals fiel dem Maler des Erasmus kleine Schrift, „Lob der