1866 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Grube, August Wilhelm
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Gehobene Volksschule
Sechster Abschnitt
Unumschränkte Könige.
Ludwig Xiv. (1643—1715).
1. Frankreich und Deutschland.
Sdie traurigen Folgen des dreißigjährigen Krieges, der die Kraft des
deutschen Reiches in seiner Wurzel gelähmt hatte, zeigten sich auf er-
schreckende Weise, als in Frankreich ein Alleinherrscher den Thron bestieg,
der, eben so herrschsüchtig als stolz, es darauf anlegte, alle Nachbarmächte
zu demüthiget und von Frankreich abhängig zu machen. Ludwig wurde
schon als sechsjähriges Kind zum Könige von Frankreich gekrönt, seine
Mutter aber führte bis zu. seiner Großjährigkeit die Regentschaft. Schon
in seinem vierzehnten Jahre erklärte sich Ludwig im Parlament für mündig
und selbstregierend und begann nun eine Regierung, die allerdings zu den
glänzendsten gehört in der ganzen französischen Geschichte, die aber auch
das arme Volk von Grund aus ruinirte. Denn es begannen nun Kriege
ans Kriege, welche die besten Kräfte des durch Handel und Gewerbfleiß so
blühenden Frankreichs aufzehrten.
Durch die Minister Richelieu und Mazarin war die Selbstständigkeit
des Adels gebrochen; die Parlamente, welche die Steuern ausschrieben und
bewilligten, mußten thun, was der König wollte. Einst, da sich noch ein-
mal die Parlamentsräthe ermannten, den übertriebenen Forderungen der
Krone zu widersprechen, ritt der junge Ludwig, der in St. Germain eben
zur Jagd sich anschickte, spornstreichs nach Paris, trat im Jagdkleide und
mit der Reitpeitsche in der Hand in die Versammlung und donnerte die
Herren Abgeordneten so an, daß sie demüthig Alles bewilligten, was man
verlangte. Der Wille des Einzigen war das Gesetz für Alle; als man bei
dem König einst von der Rücksicht auf den Staat sprach, amwortete er
rasch: „Der Staat — das bin ich!" Kein Wunder, wenn Ludwig