1917 -
München
: Oldenbourg
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
412
unterzog, so war ihm auch die Pflege wahrer Religiosität und -er
wirksame Schutz aller Konfessionen sowie die Wahrung des kirchlichen
Friedens unter den verschiedenen Bekenntnissen heilige Regentenpflicht.
Vor allem huldigte der Fürst aber auch einem tiefen Zuge seines
Gemütes: der werktätigen Menschenliebe.
Der Handel erfuhr eine bedeutsame Förderung durch zeitgemäße
Entwicklung des Post-, Telegraphen- und Telephonwesens, fortwährende
Erweiterung des Eisenbahnnetzes, Anlage von Doppelgleisen und
Errichtung von Lokalbahnen, durch welche weite Gebiete des König-
reichs dem Verkehr erschlossen wurden. Ebenso zeigte der Regent auch
für die industrielle und gewerbliche Tätigkeit des Landes, für die Land-
wirtschaft, den wein- und Obstbau, die Viehzucht regstes Interesse.
Es wird wenige Fürsten geben, die in so ständigem und regem
Verkehr mit den verschiedensten Klassen der Bevölkerung stehen, wie
es bei Prinzregent Luitpold von Bayern der Fall war. Fast täglich
empfing er Männer aus allen Berufsarten; öfters in der Woche hatte
er Gäste, die außerhalb der Hofkreise standen, an seiner Tafel: Künstler,
Gelehrte, Beamte, Industrielle, städtische Vertreter. Auf seinen Reisen
und Jagden kam der erlauchte Herr mit Hunderten von Leuten aus allen
Ständen in Berührung; er unterhielt sich eingehend mit ihnen, fragte
sie und freute sich ihrer oft recht offenen Antworten.
warmen Anteil nahm er an seines Volkes Leid und Lust und
manches Volks- und Vereinsfest verschönte er durch seine Gegenwart
ohne durch sein Erscheinen den Reiz der unbefangenen Heiterkeit zu
stören; aber auch das bayerische Volk feierte kein bedeutsames Fest
ohne seines vielgeliebten Landesfürsten zu gedenken und nahm stets
herzlichen Anteil an seinem und seines Hauses Glück und Schmerz,
wem es vergönnt war auch nur kurze Zeit in der Nähe des Regenten
zu verweilen, dem bleibt das Bild dieser fürstlichen Persönlichkeit un-
vergeßlich, in der die gewinnendste uno wohlwollendste Liebens-
würdigkeit mit entzückender Einfachheit und Herzensgute sich vereinten.
Man erzählt sich viele Züge aus dem Privatleben des Regenten, die
geeignet sind, seine Persönlichkeit nicht minder volkstümlich zu machen
als die seines in der Geschichte wie in der Erinnerung des bayerischen
Volkes unvergeßlichen Großvaters und Vaters, des Königs Max I.
und Ludwig I.
wie innig Prinzregent Luitpold mit seinem oayenschen Volke
verwachsen war, davon gab em seltenes Zeugnis die Ferer seines
90. Wiegenfestes, verbunden mit der Feier seiner viertelhundertjährigen
gesegneten Regierung. Ein Jubel ohnegleichen durchbrauste Sau Land,