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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 68

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
68 versprochen worden, als Herr Andres, der Nachbar, gäbe, und sechsund- dreißig Kreuzer mehr?" Und damit gingen sie allesammt zu dem Pachter und verlangten die Erfüllung seines Versprechens. Der aber lachte sie aus und sagte: „Ihr seid wohl verrückt? Ihr bekommt den gewöhnlichen Tagelohn und sechsunddreißig Kreuzer darüber. Ist das nicht genug?" — „Mit Nichten," sagten die Heumacher; „denn Ihr habt heute Morgen anders gesagt." Da nun jener von einem solchen Arbeitslöhne nichts wissen wollte und beim Wortwechsel noch obendrein arg schimpfte und drohte, kam die Sache vor's Gericht, und das Gericht sprach gegen den Pachter. So mußte dieser jedem der Arbeiter einen Friedrichsd'or geben und noch sechsunddreißig Kreuzer obendrein und erkannte jetzt zu spat, daß, wer dem andern einen Schaden thun will, ihn auf sein eignes Haupt ladet. 117. Die Kartoffeln. Dieses nützliche Gewächs kam erst vor etlichen hundert Jahren aus Amerika zu uns. Und fast hätte sie der Freund von Franz Drake, dem dieser aus Amerika Kartoffeln zur Aussaat schickte und dazu schrieb: „die Frucht dieses Gewächses sei so trefflich und nahrhaft, daß er ihren Anbau für sein Vaterland für höchst nützlich halte," aus seinem Garten wieder herausreißen und wegwerfen lassen. Denn er dachte: Franz Drake habe mit dem Worte Frucht die Samenknollen gemeint, die oben am Kraute hängen. Da es nun Herbst war, und die Samenknollen waren gelb, lud er eine Menge vornehmer Herren zu einem Gastmahle ein, wobei es hoch herging. Am Ende kam auch eine zugedeckte Schüssel, und der Hausherr stand auf und hielt eine schöne Rede an die Gäste, in welcher er sagte: er habe hier die Ehre, ihnen eine Frucht vorzusetzen, wozu er den Samen von seinem Freunde, dem berühmten Drake, mit der Versicherung erhalten hätte, daß ihr Anbau für England höchst wichtig werden könne. Die Herren kosteten nun die Frucht, die in Butter gebacken und mit Zucker und Zimmt bestreut war, aber sie schmeckte abscheulich, und es war nur schade um den Zucker. Darauf urtheilten sie alle, die Frucht könne wohl für Amerika gut sein, aber in England werde sie nicht reif. Da ließ denn der Gutsherr einige Zeit nachher die Kartoffelsträuche herausreißen und wollte sie wegwerfen lassen. Aber eines Morgens, im Herbste, ging er durch seinen Garten und sah in der Asche eines Feuers, das sich der Gärtner angemacht hatte, schwarze runde Knollen liegen. Er zertrat eine, und siehe, die duftete gar lieblich. Er fragte den Gärtner, was das für Knollen wären? und der sagte ihm, daß sie unten an der Wurzel des fremden amerikanischen Gewächses ge- hangen hätten. Nun ging dem Herrn erst das rechte Licht auf. Er ließ die Knollen sammeln, zubereiten und lud dann die Herren wieder zu Gaste, wobei er wohl wieder eine Rede gehalten haben mag, von welcher der In- halt der gewesen sein wird: daß der Mensch, wenn er bloß nach dem urtheilt, was oben an der Oberfläche ist, und nicht auch tiefer gräbt, manchmal gar sehr irren könne.
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