1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: ,, Sach, August, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Meyn, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Lied „Jesus, meine Zuversicht" gedichtet hatte, seuszete nun auf: „Wie
bitter ist der Tod!" Aber sie war doch bereit abzuscheiden und zu Christo
zu gehen. Singen und Spielen der geistlichen Lieder war ihre liebste täg-
liche Beschäftigung; oftmals traf sie der Kurfürst in Gebet und Andacht
vertieft. Paul Gerhardt's Lieder las sie gar gern, und als der wackere
Mann in Folge der Streitigkeiten zwischen Lutheranern und Reformierten
seines Amtes entsetzt werden sollte, nahm sie sich herzlich seiner an.
3. Wer nur den lieben Gott laßt walten.
Der Verfasser dieses Liedes ist Georg Neu mark, geboren im
Jahre 1621. Er war nicht immer herzoglich sächsischer Archivsekretair und
Bibliothekar zu Weimar, sondern cs gab eine Zeit, da war er ohne Ver-
sorgung und lebte in so großer Armuth zu Hamburg, daß er sich einst ge-
nöthigt sah, seine Gefährtin in manchen Leiden, seine theure Viola di
Gamba, die er mit seltener Fertigkeit spielte, zu versetzen. Da er aber
nicht aufhörte, dem Herrn zu singen und zu spielen in seinem Herzen, so
blieb auch ein Zeichen der Erhörung nicht aus. Neumark wurde nämlich
an den schwedischen Gesandten zu Hamburg, von Rosenkranz, empfohlen.
Zur Probe ließ dieser ihn eine Schrift an die Reichsräthe in Schweden
aufsetzen, welche die Ernennung zum Gcsandtschafts-Sckretair zur Folge
hatte. Sein erstes Geld mußte seine Viola heimholen, und sein dankerfüll-
tes Herz ergoß sich in dem schönen Liede: „Wer nur den lieben Gott läßt
walten," das sogleich auch mit der Musik geboren wurde.
4. Nun danket alle Gott.
Der Sänger dieses Liedes, welches so oft bei Erntefesten, wie am
Jahresschlüsse und an Friedensfesten gesungen worden ist und noch gesungen
wird, ist Martin Rinkart, Archidiakonus zu Eilcnburg in der Provinz
Sachsen. Er hat mit seiner Gemeinde die ganzen, schweren Drangsale
des dreißigjährigen Krieges durchlebt. Die furchtbare Pest, welche zu jener
Zeit die deutschen Lande durchzog, wüthete auch in Eilenburg. Es starben
täglich 40 — 50 Personen, im ganzen Pcstjahre 8000. Dreimal täglich
half Rinkart die Pcstleichen beerdigen, wobei jedes Mal 10 —12 Leichen
in eine Grube gelegt wurden. Auf solche Weise hat er 4480 Personen
beerdigt. Er blieb aber dabei so gesund, daß ihm nicht ein Finger weh
that/ Auf die Pest folgte eine eben so furchtbare Hungersnoth, bei welcher
viele den Hungertod starben. Man sah dazumal öfters 20 —30 Personen
einem Hunde oder einer Katze nachlaufen, um sie cinzufangen, und hin-
wiederum 40 Personen sich um eine todte Krähe zanken. Das Aas vom
Schindanger wurde sogar nicht verschmäht. In dieser Noth gab Rinkart
das Letzte hin und litt, um andern zu helfen, lieber selber Mangel; vor
seiner Thüre sammelten sich bisweilen 4—800 Menschen. Später brand-
schatzte ein schwedischer Oberst Dörffling die Stadt und forderte 30,000 Tha-
ler; da gelang es nur durch die inständigen Bitten und Vorstellungen Rin-