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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 103

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
103 Lied „Jesus, meine Zuversicht" gedichtet hatte, seuszete nun auf: „Wie bitter ist der Tod!" Aber sie war doch bereit abzuscheiden und zu Christo zu gehen. Singen und Spielen der geistlichen Lieder war ihre liebste täg- liche Beschäftigung; oftmals traf sie der Kurfürst in Gebet und Andacht vertieft. Paul Gerhardt's Lieder las sie gar gern, und als der wackere Mann in Folge der Streitigkeiten zwischen Lutheranern und Reformierten seines Amtes entsetzt werden sollte, nahm sie sich herzlich seiner an. 3. Wer nur den lieben Gott laßt walten. Der Verfasser dieses Liedes ist Georg Neu mark, geboren im Jahre 1621. Er war nicht immer herzoglich sächsischer Archivsekretair und Bibliothekar zu Weimar, sondern cs gab eine Zeit, da war er ohne Ver- sorgung und lebte in so großer Armuth zu Hamburg, daß er sich einst ge- nöthigt sah, seine Gefährtin in manchen Leiden, seine theure Viola di Gamba, die er mit seltener Fertigkeit spielte, zu versetzen. Da er aber nicht aufhörte, dem Herrn zu singen und zu spielen in seinem Herzen, so blieb auch ein Zeichen der Erhörung nicht aus. Neumark wurde nämlich an den schwedischen Gesandten zu Hamburg, von Rosenkranz, empfohlen. Zur Probe ließ dieser ihn eine Schrift an die Reichsräthe in Schweden aufsetzen, welche die Ernennung zum Gcsandtschafts-Sckretair zur Folge hatte. Sein erstes Geld mußte seine Viola heimholen, und sein dankerfüll- tes Herz ergoß sich in dem schönen Liede: „Wer nur den lieben Gott läßt walten," das sogleich auch mit der Musik geboren wurde. 4. Nun danket alle Gott. Der Sänger dieses Liedes, welches so oft bei Erntefesten, wie am Jahresschlüsse und an Friedensfesten gesungen worden ist und noch gesungen wird, ist Martin Rinkart, Archidiakonus zu Eilcnburg in der Provinz Sachsen. Er hat mit seiner Gemeinde die ganzen, schweren Drangsale des dreißigjährigen Krieges durchlebt. Die furchtbare Pest, welche zu jener Zeit die deutschen Lande durchzog, wüthete auch in Eilenburg. Es starben täglich 40 — 50 Personen, im ganzen Pcstjahre 8000. Dreimal täglich half Rinkart die Pcstleichen beerdigen, wobei jedes Mal 10 —12 Leichen in eine Grube gelegt wurden. Auf solche Weise hat er 4480 Personen beerdigt. Er blieb aber dabei so gesund, daß ihm nicht ein Finger weh that/ Auf die Pest folgte eine eben so furchtbare Hungersnoth, bei welcher viele den Hungertod starben. Man sah dazumal öfters 20 —30 Personen einem Hunde oder einer Katze nachlaufen, um sie cinzufangen, und hin- wiederum 40 Personen sich um eine todte Krähe zanken. Das Aas vom Schindanger wurde sogar nicht verschmäht. In dieser Noth gab Rinkart das Letzte hin und litt, um andern zu helfen, lieber selber Mangel; vor seiner Thüre sammelten sich bisweilen 4—800 Menschen. Später brand- schatzte ein schwedischer Oberst Dörffling die Stadt und forderte 30,000 Tha- ler; da gelang es nur durch die inständigen Bitten und Vorstellungen Rin-
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