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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 155

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
155 wiesencn Plätzen, und dann wurde die Abendmahlzeit in aller Ruhe ge- halten, kaum daß die Matrosen cs wagten, den zunächst stehenden irgend eine Bemerkung oder einen Einfall mitzutheilen. Eine halbe Stunde verging auf diese Weise. Abermals ertönte der Schall der silbernen Pfeife von einem Schiffsende zum anderen. Die Eßgeräthschaften wurden schnell entfernt, und langsam und schweigend be- gaben sich die Matrosen nach dem Mitteldeck. An dem großen Mast hatten sich bereits die Marine-Soldaten aufgestellt; sie schulterten das Gewehr und schauten gleichgültig drein. Der letzte Schimmer des Abendrothes war langst verglommen; der Mond ging auf. Jetzt kamen auch die Offiziere aus der Kajüte und begaben sich nach dem Backbord des Quarterdecks ; der Marine-Offizier trat zu den Soldaten, die Kadetten zu den Matrosen. Endlich betritt der Kapitän das Verdeck. Auf ein Zeichen des Marine- Offiziers wirbeln die Trommeln, und die Soldaten präsentieren das Gewehr. Der Kapitän lüftet den Hut und dankt schweigend. Die Glocke läutet zum Gebet. Feierlich sammelt sich jetzt alles um den Schiffsprediger, der die üb- lichen Gebete spricht; er befiehlt das Schiff und die Besatzung dem Schutze dessen, der die Winde fesselt und den verschlingenden Wellen zuruft: „Bis hierher und nicht weiter!" Er erhebt die Hände zum Segen, und die wettergebräunten Seeleute beugen unwillkürlich das Haupt. Da stürzt athcmlos, bleich, mit gesträubtem Haar ein Matrose von dem Lazaret herauf, durchdringt den Kreis der Beter, schreit mit herzzer- schneidendem Tone: „Feuer!" und stürzt ohnmächtig zusammen. Feuer! — Ein Schrei des Entsetzens ertönt; der Prediger verstummt, und die Matrosen stürzen nach allen Richtungen hin auseinander. Auch die Soldaten schwanken, ihre Kniee schlottern, die Gewehre senken sich; aber das eiserne Kommandowort fesselt sie, und hochaufgerichtet stehen sic in geschlossener Reihe. Die Offiziere umringen ihren Chef, während die Kadetten den ohnmächtigen Matrosen aufrichten und ihn zu ermuntern suchen. „Geschwind, meine Herren, gehe einer von Ihnen und sehe, was Wahres an der Sache ist, und die übrigen halten sich bereit, sogleich die wirksamsten Vorkehrungen zu treffen." Der Kapitän sprach's, und die Mannschaft machte den Offizieren Platz. Man brauchte keine weiteren Erkundigungen einzuziehen, denn als der dienstthuende Offizier an den Eingang des Lazarets kam, drang ihm ein erstickender Rauch entgegen. Das Gestöhn der Kranken war herzzerschnci- dend. „Mir nach, mir nach!" rief der muthvolle Offizier und drang in die Räume des Unglückes ein. Einzelne beherzte Matrosen folgten ihm und entrissen ihre unglücklichen Kameraden dem entsetzlichen Feuertode. Die Kranken aus dem Rücken, erschienen sie oberhalb der Luken und legten ihre Last schweigend auf dem Verdeck nieder. Unterdessen hatten die Offiziere mit großer Umsicht Anstalten zum Löschen getroffen. Die Schiffspumpen waren im vollen Gange, und ein dichter Wasserstrahl schoß in die Räume des Lazarets hinab. Andere zogen
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