1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: ,, Sach, August, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Meyn, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
158
Die Lust zum Leben siegte; hier war gewisser Untergang, dort eine
Möglichkeit zur Rettung. Die Matrosen, der Weisung ihrer Offiziere
wieder geduldig folgend, stiegen in das Langboot hinab.
Dasselbe war gefüllt und versuchte nun, sich von dem brennenden
Schiffe zu entfernen und aus dem drohenden Bereiche der Kanonen zu kommen,
die sich noch nicht alle entladen hatten. Die Schaluppe kam an die Reihe,
und die Offiziere verließen nun das Verdeck, das mit jedem Augenblick
glühender ward und ein längeres Verweilen nicht mehr gestattete. Der
Kapitän war der letzte. Als alle hinunter waren, setzte er den Fuß auf
die schwankende Leiter; doch Plötzlich wich er zurück und rief: „Wo sind
die Kadetten, die zur Pulverkammer beordert wurden?"
Keine Antwort! Aus der Schaluppe aber erfolgte die ungeduldige
Mahnung, daß der Kapitän nicht länger säumen möge.
„Nicht von der Stelle", rief er aus, „bis ich über das Schicksal dieser
Unglücklichen im Klaren bin!" Und mit diesen Worten stürzte er durch
Rauch und Flammen nach der Pulverkammer, der sich die Glut bereits auf
das bedrohlichste näherte. Dort fand erste. Erschöpft von der anstrengenden
vergeblichen Arbeit war der jüngere bereits ohnmächtig niedergesunken;
der ältere bemühte sich umsonst, ihn zu ermuntern und mit sich fortzuziehen.
Der Kapitän ergriff den Ohnmächtigen, und mit starken Armen trug er
ihn, unter endlosem Fcuerregen, auf das Verdeck, während der andere ihm
folgte. Mit lautem Freudengeschrei wurden sie von den Offizieren empfangen
und in die Schaluppe gebracht, die von einer Welle erfaßt und weit von
dem Schiffe fortgeschleudert wurde.
Das Langboot und die übrigen Fahrzeuge, begleitet von gierigen
Haien, steuerten nach der Richtung hin, wo das Land lag, vorerst nur be-
müht, so schnell als möglich aus dem Bereiche des Schiffes zu kommen.
Wenn die Glut heller aufleuchtete, sah man eines oder das andere über die
Flut hinstreichen.
Die „Atalante" gewährte in ihrer letzten Stunde einen majestätischen
Anblick. Der Vordermast und das Bugspriet waren herabgestürzt, und
der große Mast war ausgebrannt und bereitete sich schwankend zum
Sturze; der Besanmast stand in heller Glut, und als ob es ein Zauber
gewesen, der sie schützte, war bis jetzt die von der Gaffel wehende Flagge
noch nicht entzündet, sondern ihr weißes Kreuz leuchtete weit hinaus in die
aufgeregte Sturmesnacht.
Schon waren die Böte in weiter Entfernung; da drang das Feuer
bis in die Pulverkammer. Ein einziger, furchtbarer Knall, der das Meer
bis in seine Tiefe erbeben machte; eine ungeheure Flamme, die in die
Wolken hineinstrahlte; dann ein glühender Regen von Trümmern aller
Art, die hoch hinaufgeschleudert wurden und knitternd und knatternd herab-
fielen ; endlich tiefe, schweigende Nacht.
Gegen Mittag des folgenden Tages erreichten die Böte die Küste
von Biscaya.