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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 207

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
Aus der Geschichte. 1. Die Deutschen um die Zeit von Christi Geburt. (Aeber Sinnesart, Lebensweise und Sitten unserer Vorfahren vor 18—19 Jahrhunderten haben wir von ihnen selbst keine Berichte, denn sie konnten weder lesen noch schreiben; aber die Römer, welche damals auf der Höhe ihrer Macht und Bildung standen, drangen von dem eroberten Gallien (jetzt Frankreich) aus häufig in Deutschland ein, und da sie also vielfach in friedliche oder in feindliche Berührung mit den Bewohnern desselben gericthen, so hatten sie Gelegenheit genug, die Germanen, wie sie sie nannten, kennen zu lernen. Sie betrachteten das rohe Naturvolk mit einem aus Furcht und Bewunderung gemischten Gefühl, und so kam cs, daß ihre Schriftsteller demselben bald eine ganz besondere Beachtung widmeten. Das Land war damals größtentheils noch mit Urwald bedeckt, doch hatte die Axt schon begonnen, weite Flächen urbar zu machen. Im Dickicht der Wälder häuften Auerochsen, Elennthicre, Bären, Eber, Wölfe und zahl- loses Hochwild. Städte gab es nirgends, auch nicht gebahnte Wege und Brücken. Die Bewohner des Landes waren vor allen Völkern ausgezeichnet durch ihre blauen Augen, ihr röthlich gelbes Haar und ihren riesenhaften Wuchs: sie sollen durchweg sieben Fuß hoch gewesen sein. Eine unbändige Kraft lebte in ihnen. Uebcrmüthig wie Knaben fuhren sie auf ihren Holz- schilden die beeisten Abhänge der Berge herab, über sechs Rosse hinweg- springen zu können war ihnen ein hoher Ruhm, und die größte Kriegsehre sahen sie darin, mit der Faust die Stärksten erlegt zu haben. Daher be- seelte sic ein stolzes Unabhängigkeitsgcfühl: niemandem zu gehorchen, keines andern zu bedürfen, ganz auf sich allein angewiesen zu sein, war ihnen die größte Lebensfreude. Namentlich im Norden mieden sie es deshalb, gesellig in Dörfern zu wohnen; am liebsten haus'te jede Familie für sich auf dem einsamen Gehöft, umgeben von ihren Wiesen. Aeckern und Wäldern. Wo sie aber, wie es weiter im Süden mannigfach vorkam, in Dörfern wohnten, da besaß jeder Grundbesitzer als freies Eigenthum nur Haus, Hof, den umzäunten Garten und seine Herde, dagegen waren Wald, Weide und Acker- siur Eigenthum der ganzen Dorfgemeinde, und der Einzelne hatte nur das Recht, in Gemeinschaft mit seinen Flurgenossen sic zu benutzen. Aber dies
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