1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: ,, Sach, August, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Meyn, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
Aus der Geschichte.
1. Die Deutschen um die Zeit von Christi Geburt.
(Aeber Sinnesart, Lebensweise und Sitten unserer Vorfahren vor
18—19 Jahrhunderten haben wir von ihnen selbst keine Berichte, denn
sie konnten weder lesen noch schreiben; aber die Römer, welche damals auf
der Höhe ihrer Macht und Bildung standen, drangen von dem eroberten
Gallien (jetzt Frankreich) aus häufig in Deutschland ein, und da sie also
vielfach in friedliche oder in feindliche Berührung mit den Bewohnern
desselben gericthen, so hatten sie Gelegenheit genug, die Germanen, wie sie sie
nannten, kennen zu lernen. Sie betrachteten das rohe Naturvolk mit einem
aus Furcht und Bewunderung gemischten Gefühl, und so kam cs, daß ihre
Schriftsteller demselben bald eine ganz besondere Beachtung widmeten.
Das Land war damals größtentheils noch mit Urwald bedeckt, doch
hatte die Axt schon begonnen, weite Flächen urbar zu machen. Im Dickicht
der Wälder häuften Auerochsen, Elennthicre, Bären, Eber, Wölfe und zahl-
loses Hochwild. Städte gab es nirgends, auch nicht gebahnte Wege und
Brücken. Die Bewohner des Landes waren vor allen Völkern ausgezeichnet
durch ihre blauen Augen, ihr röthlich gelbes Haar und ihren riesenhaften
Wuchs: sie sollen durchweg sieben Fuß hoch gewesen sein. Eine unbändige
Kraft lebte in ihnen. Uebcrmüthig wie Knaben fuhren sie auf ihren Holz-
schilden die beeisten Abhänge der Berge herab, über sechs Rosse hinweg-
springen zu können war ihnen ein hoher Ruhm, und die größte Kriegsehre
sahen sie darin, mit der Faust die Stärksten erlegt zu haben. Daher be-
seelte sic ein stolzes Unabhängigkeitsgcfühl: niemandem zu gehorchen, keines
andern zu bedürfen, ganz auf sich allein angewiesen zu sein, war ihnen die
größte Lebensfreude. Namentlich im Norden mieden sie es deshalb, gesellig
in Dörfern zu wohnen; am liebsten haus'te jede Familie für sich auf dem
einsamen Gehöft, umgeben von ihren Wiesen. Aeckern und Wäldern. Wo
sie aber, wie es weiter im Süden mannigfach vorkam, in Dörfern wohnten,
da besaß jeder Grundbesitzer als freies Eigenthum nur Haus, Hof, den
umzäunten Garten und seine Herde, dagegen waren Wald, Weide und Acker-
siur Eigenthum der ganzen Dorfgemeinde, und der Einzelne hatte nur das
Recht, in Gemeinschaft mit seinen Flurgenossen sic zu benutzen. Aber dies