1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: ,, Sach, August, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Meyn, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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Nun könnte man glauben, daß die ganze Thierwelt also in zwei
große Abtheilungen gesondert Ware, nämlich in Wirbelthiere und Nicht-
wirbeltbiere; allein der Schöpfer, welcher das Wirbelthier nach einem so
weisen Plane angelegt, hat andere Gedanken, als der Mensch, und hat
vielmehr jene Nichtwirbelthiere keineswegs nach einem gemeinsamen Haupt-
plan, sondern nach drei verschiedenen Planen angelegt, deren
jeder eben so selbständig dasteht, wie der des Wirbelthiercs, und eben so
tausendfach nach Classen, Ordnungen, Gattungen und Arten von der Natur
im einzelnen ausgebildet ist. Diese drei Abtheilungen, welche wir mit dem
Namen der Gliederthiere, der Weichthiere und der Strabl-
lhiere bezeichnen, sind so unverkennbar von einander und von den
Wirbelthieren unterschieden, daß gewissermaßen vier Thierreiche neben ein-
ander selbständig leben. Die beste Vorstellung gewinnt man davon,
wenn man sich Beispiele der Classen vergegenwärtigt. So z. B. zählen zu
den Gliederthieren die Krebse, die Spinnen, die Infecten, zu den Weich-
tieren die Schnecken und Muscheln, zu den Strahlthieren die Seequallen
und Seesterne. — Die Entdeckung, daß die Natur bei der Erschaffung der
Thiere vier große selbständige Gedanken zu Grunde legte, konnte nur
ein großer Kenner der Natur machen, denn dem gleichgültigen Beobachter
des einen oder des anderen Gegenstandes bleiben die größten Gedanken der
Natur verborgen, und Jahrhunderte lang versteckte sich diese Wahrheit selbst
den Gelehrtesten. Der Mann, welcher das Wahre in dieser Sache zuerst
aussprach, lebte zu Anfang dieses Jahrhunderts, war ein Franzose, aber
von deutschen Lehrern gebildet, und hieß George Cu vier.
111. Die Jnsectemvelt.
Es scheint, die Infecten seien dic Lieblingsgeschöpfe der Natur ge-
wesen, in welchen sie fast alles vereint hat, was in jeder andern Classe und
Ordnung ihrer Kinder schön und angenehm, reizend oder merkwürdig und
sonderbar ist. Eine Menge hat sie mit schimmerndem Harnisch bewaffnet,
der wie poliertes Metall strahlt; andere leuchten wie geschliffene Edelsteine.
Einige hat die Natur gleichsam mit flüssigen Tropfen oder Platten von
Gold und Silber bedeckt, oder mit Schuppen oder Haaren, welche die Farbe
jener Metalle nachahmen und deren Strahlen aussenden. Einige zeigen
ein rohes Aeußere, wie Edelsteine in ihrem natürlichen Zustande, während
andere die glatte und glänzende Oberfläche der geschliffenen zeigen.
Welch eine Menge von Infecten wetteifert mit den Blumen in man-
nigfaltiger Schönheit, in der Zartheit der Farben, welche nicht gleich denen
der Blumen flüchtig schwinden, sondern fest und dauerhaft das Thier überleben
und es nach seinem Tode ebenso zieren wie im Leben. Andere wetteifern
mit den Pflanzen in dem Geäder und Gewebe ihrer Flügel, noch andere
in dem reichen, weichen Flaum, der sie kleidet. Man sollte glauben, einige
Infecten hätten die Bäume ihrer Blätter beraubt, um sich selbst künstliche
Schwingen zu bilden; so vollkommen gleichen sie denselben in Gestalt und