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1. Vaterländisches Lesebuch für die Evangelische Volksschule Norddeutschlands - S. 49

1868 - Wiesbaden Schleswig Hannover : Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
49 kristallenen Wänden, dem frommen Glauben nach, Reliquien von Christus und der heil. Jungfrau. Eine wunderbare Begebenheit, die sich der Sage nach mit ihm zutrug, veranlaßte die Gründung des Doms und der Stadt. Daß Kaiser Ludwig der Fromme dies uralte Gefäß dem ersten hildesheimschen Bischof als ein immerwährendes Denkmal jener wunderbaren Begebenheit schenkte, suchen bereits alte Urkunden als geschichtlich festzustellen; einen schlagenderen Beweis aber, wenigstens für das hohe Alter des Gefäßes, als diese, doch nicht über das dreizehnte Jahrhundert hinausgehenden Urkunden, geben die künstlerische Bearbeitung des Reliquiars und die an demselben ersichtlichen Buchstabenformen, welche mit den im siebenten Jahrhundert üblichen Schriftzeichen stimmen. Unmuthig ist die Legende, welche an dem alten Reliquiar haftet; von wunderbarem Alter ist nachweislich der wilder o s en st o ck, von dem dieselbe Sage erzählt. „Die Erbauung der Stadt hat vor mehr als tausend Jahren ein frommer Kaiser befohlen. Diesem Kaiser gehörte das ganze deutsche Land; die schönsten Dörfer und Städte standen ihm offen, aber er war an keinem Orte lieber als in unserm Wol (Wald), denn er war ein Freund vom Jagen, und wo hätte er mehr und besser Wild finden können, als in dem unermeßlich großen Wole, der damals noch das ganze Land bedeckte, auf welchem jetzt Hildesheim steht. Eines Tages war der Kaiser wieder mit seinem Jagdgefolge zu Holze gefahren und verfolgte hitzig einen schneeweißen Hirsch. Der Kaiser hatte dasschnellste Pferd und die schnellsten Hunde, aber noch schneller war der Hirsch; der lief über Berg und Thal, sprang in die Innerste und schwamm hindurch. Der Kaiser, immer hinterdrein, sprang auch ins Wasser, verlor aber dabei sein Pferd und seine Hunde; der Hirsch ent- kam, und der Kaiser schleppte sich müde und matt noch eine Strecke weiter unter einen hohen Baum, um auszuruhen. Da lag nun der verirrte, hohe Herr mutterseelenallein in der Wildnis ; er stieß in sein Jagdhorn, um das Gefolge herbeizurufen, aber alles Blasen und Rufen war ver- gebens, er erhielt keine Antwort, denn sein schnelles Pferd hatte ihn meilenweit von den Begleitern fortgetragen. Da wurde es dem Kaiser doch recht bang ums Herz: er nahm von seinem Busen ein heiliges Ge- fäß mit dem Heiligthum von der Mutter Gottes, hing es vor sich an einen wilden Rosenstrauch und betete davor inbrünstig, daß ihn die Mutter aller Gnaden doch hier nicht in der Wildnis verkommen lassen, sondern ihn wieder zu Menschen führen möchte. Gestärkt durch das Gebet, fiel gleich darauf der Kaiser in einen tiefen Schlaf, und als er wieder er- wachte, sah er zu seiner großen Verwunderung vor sich den Platz mit Schnee bedeckt, während doch ringsumher alles in grüner Sommerpracht / stand; auch das Heiligthum, welches er in den Rosenbusch gehängt harte, war darin festgefroren, und dennoch blüheten die Rosen weit schöner und voller, als sie vorher geblüht hatten. Da sagte dem Kaiser sein Herz, daß Gott hier ein Wunder gethan habe, und er gelobte auf der Stelle, Vaterländisches Lesebuch. Provinz Hannover von Bartholomäus. 4
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