1868 -
Wiesbaden Schleswig Hannover
: Schulbuchh. Schulze Jurany & Hensel
- Hrsg.: ,, Sach, August, Johansen, Christian, Keck, Heinrich, Meyn, Ludwig
- Sammlung: Realienbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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dasselbe vom Magistrat angekauft, um das Stadtleihhaus hinein zu ver-
legen. Besonders verdankt man es den Bemühungen des Senators
Roemer, welcher sich ein bleibendes Verdienst um die Erhaltung der alten
bürgerlichen Baudenkmäler erworben hat, daß der bedeutend aus dem
Lothe gewichene und dem Verfalle nahe Bau gleich nach dem Ankauf ganz
in seiner alten Pracht wiederhergestellt wurde.
Auch durch die Nachbarbauten des alten Hauses werdrn alte Ge-
stalten und Zustände vor die Seele gerückt; selten mag ein Marktplatz von
so alterthümlichen Bauten eingefaßt sein, als der, auf welchem wir stehen.
Drüben das freiliegende, giebelrciche, gothische Rathhaus, dessen mächtige
Grundbauten dem vierzehnten Jahrhundert angehören; links das Rolands-
stift und der bilderreiche Holzbau neben dem steinernen Patrizierhause
von 1455, welches im schönsten Schmuck altersgrauer Steinfarbe seinen
Giebel und seine schlanken Thürmchen majestätisch erhebt. Alles gemahnt
uns an Zeiten, die uns längst mit ihrer Lust und ihrem Leid in die Ferne
gerückt sind! — •
22. Göttmgen.
In dem freundlichen Thäte der Lerne liegt inmitten einer anmuthigen Land-
schaft Göttingen, einer der ältesten Orte Niedersachsens. Die Stadt soll ihren Ur-
sprung dem Gangericht, Goding, verdanken, das für die Bewohner des Leinegaus
hier abgehalten wurde und sich später in das „hohe Landgericht am Leineberge"
verwandelte, welches auf einem Hügel westlich von der Stadt abgehalten wurde.
Der Ort ist noch jetzt durch eine Linde bezeichnet. Schon im 10. Jahrhundert
wird des Ortes Erwähnung gethan; Otto der Große soll viel zu seiner Ver-
größerung gethan haben. In der Nähe desselben lag die kaiserliche Burg Grone,
welche früher noch als Göttingen genannt wird.
Im 13. und 14. Jahrhundert sahgöttingen glänzende Tage; damals wohnte
auf dem fürstlichen Schlosse zu Göttingen Herzog Albrecht, Herr von Göttingen
und später auch von Braunschweig. Fünfzig Jahre später ward es abermals
fürstliche Residenz; da wohnte Herzog Otto der Quade hier, ein ritterlicher Herr,
der aber den aufblühenden Städten grollte. Göttingen war damals ein Haupt-
platz für den Handel zwischen dem Norden und Süden Deutschlands und dadurch
zu Macht und Reichthum herangewachsen; Otto hielt auf dem Schlosse Bollruz,
das auf dem jetzigen Burgplan lag, seinen prächtigen Hof und stellte vielfach
Ritterfeste an, zu denen sich viele vornehme Herren und Frauen einfanden.
Später verlegte er aus Unmuth gegen die Bürger seinen Wohnsitz nach Hardegsen,
und von da an lag er mit Göttingen oft in Fehde, bis ihn das Alter beschlich, da
Streitlust und Uebermuth ausgetobt hatten und Sehnsucht nach Ruhe den Mü-
den erfaßte.
Die Stadtobrigkeit bestand damals aus 12 Gliedern. Am Mittwoch nach
Michaelis war alljährlich Rathswahl. Dann begab sich der Rath, nachdem er
zuvor in der Johannis-Kirche dem Gottesdienst beigewohnt hatte, zum Rathhause,
ließ es sorgfältig verschließen, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß niemand