1862 -
Hildburghausen
: Nonne
- Autor: Spiess, Moritz, Berlet, Bruno
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
Karl der Große.
10'.
Karl hatte nur eine kleine Schaar stehender Truppen, das Gefolge
genannt. Zog der König in den Krieg, so wurde der Heerbann auf-
geboten, wo dann alle waffenfähigen Freien * *) verpflichtet waren, sich mit
ihrem Gefolge mit Rüstung und Lebensmitteln auf drei Monate zum Kriegs-
zuge zu stellen.
lieber den großen Angelegenheiten des Reiches vergaß Karl nicht die
kleinen seines Hauses. Gr durchsah mit Sorgfalt die Rechnungen seiner
Verwalter über Ginnahme und Ausgabe. Es ist noch eine Anweisung übrig,
welche er für diese entivorfen hat. Er bestimmt darin genau, gleich einem
erfahrenen Landwirthe, wie Butter und Käse, Honig und Wachs bereitet, wie
Wein gepreßt, Bier gebraut, wie viel Eier, wie viel Gänse, Enten und
Hühner verkauft werden sollten.
Vom Bauen war er ein großer Freund. Von 163 Landgütern und
Schlössern, die sein Familieneigenthum waren, hat er die meisten gebaut, auch
viele Kirchen errichtet und erneuert. Unter den Bauten, die er aufführen
ließ, zeichneten sich besonders seine, von italienischen Baumeistern aufgeführten
Pfalzen (Paläste) zu Aachen, zu Nimwegen und zu Ingelheims aus.
Karl war ein ächt deutscher Mann, von starkem Körperbau und
schlanker Gestalt, sieben seiner eigenen Füße lang, dabei so kraftvoll, daß
man von ihm erzählte, er hätte Hufeisen wie Brod zerbrechen können und
einst einen Sarazenen bis auf den Sattelknopf gespalten. Sein Gesicht war
meist heiter, denn er war ein Freund unschuldigen Scherzes; seine großen,
hellen Augen blickten sanft und wohlwollend, aber wenn er zürnte, glichen
sie flammenden Feuern. Eine gradlaufende Nase, gesunde Gesichtsfarbe und
schwarzes, langwallendes Haar zierten sein Haupt. Sein Gang war männ-
lich. fest und voll Würde, seine Stimme hell und wohlklingend. Dis in
sein achtundsechzigstes Lebensjahr wußte er nichts von Kränkelt; denn er
bewegte sich viel, war ein trefflicher Reiter, Fechter und Schwimmer. Sein
Hauptvergnügen war die Jagd und wenn er dem Hofe ein Fest bereiten
wollte, ließ er eine Treibjagd anstellen. Alles setzte sich zu Pferde und unter
dem Klange der Hörner und dem Gebelle zahlreicher Hunde ging es hinaus
in den grünen Wald und mancher heiße Kampf mit wilden Bären, Ebern und
Auerochsen wurde bestanden. In Speise und Trank war Karl mäßig.
ihrem Amte verschiedene Namen. Die über einen Gau gesetzt waren, hießen Gan-
grafen oder Landgrafen, über eine Burg: Burggrafen. Die Pfalz grafen
waren über die kaiserlickwn Schlösser gesetzt; denn Pfalz (palatium, Palast) bedeutet
Schloß. Die Markg^Mjn bewachten die Marken oder Grenzen. Die Sendgrafen
wurden von Zeit zu Z^nausgesendet, um die königlichen Diener zu überwachen und
hatten dem König über Alles genauen Bericht zu erstatten.
*) Jeder Freigeborne war Grundbesitzer. Das Besitzthnm war aber entweder
Erbgut (das Allo di um, die Alloden) oder Lehngnt, das zur Nutznießung gewöhn-
lich auf Lebenszeit, verliehen war. — Die Könige der germanischen Völker gaben
eroberte Ländereien als Lehen für geleistete Kriegsdienste an ihr Gefolge, und die
Empfänger oder „Vasallen" waren dafür zur Heereöfolge verpflichtet. Unter ähnlichen
Bedingungen vergaben dann wieder geistliche und weltliche Große Güter und Rechte
an Andere, die nun ihre Vasallen wurden, während sie die Vasallen des Königs
waren, der als oberster Lehnsherr galt.
2) Nimwegen, Stadt im heutigen Holland an der Waal. — Ingelheim,
zwischen Mainz und Bingen am Rhein. Karl baute daselbst 768—774 einen weitläuftigcu,
auf hundert Säulen ruhenden Palast, dessen letzte Trümmer 1831 zusammenstürzten.