1862 -
Hildburghausen
: Nonne
- Autor: Spiess, Moritz, Berlet, Bruno
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
Luther.
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biete enthalten sollten." Gegen diesen Beschluß reichten die Evangelischen
(19. April 1529) eine förmliche Protestation ein, von welcher sie später
(seit 1541) den Namen „Protestanten" erhielten.
Im folgenden Jahre (1530) berief Kaiser Karl den Reichstag zu
Augsburg. Die Protestanten überreichten auf demselben (ant 25. Juni)
ein aus 28 Artikeln bestehendes Glaubensbekenntniß, welches später „die
Augsburger Konfession" genannt wurde. Melanchthon 9 hatte cs ver-
faßt und vertheidigte cs durch eine „Apologie" gegen die von katholischer
Seite erschienene „Widerlegung". Fünf Monate dauerte der Reichstag, aber
alle Versuche, eine Vereinigung herbeizuführen, waren vergeblich und endlich
erfolgte ein Reicbsabschied, welcher alle Veränderungen in Religioussachen
aufhob und bis zu einer allgemeinen Kirchenversammlung Alles wieder auf
den früheren Stand zurück zu bringen befahl, lind dennoch in wie ganz
anderer Gestalt erschien jetzt die evangelische Wahrheit als neun Jahre früher
auf dem Reichstage zu Worms, damals ein einzelner Mönch, arm und gering,
vor Kaiser und Reich, der die heilige Sache, die er an's Licht gezogen, mit
Gottvcrtraucn und Freimuth vertheidigte. Jetzt Fürsten und Städte, die
vor Kaiser und Reich nrit freudigem Muthe das Bekenntniß ihres Glau-
bens überreichten, entschlossen, für die erkannte Wahrheit Gut und Blut
zu lassen.
5. Von Augsburg begab sich Kaiser Karl nach Köln und bewog die
hier auf seine Einladung versammelten Fürsten, seinen Bruder Ferdinand
zum römischen Könige zu wählen (Januar 1531). Diese Wahl veranlaßte
die Protestanten, als deren eifriger Gegner Ferdinand bekannt war, sich eitger
zu vereinigen und bei einer Zusammenkunft zu Schmalkalden 2, schlossen mehrere
evangelische Reichsstände (neun Fürsten und elf Reichsstädte), unter welchen
der Kurfürst Johann von Sachsen und der Landgraf Philipp von Hessen die
angesehensten waren, den schmalkaldischen Bund (Februar 1531), durch
welckcn sie sich zti gegenseitigem Beistände verpflichteten, falls sie wegen ihres
Glaubens angegriffen werben sollten^)- Letzteres erfolgte jedoch um so weniger,
als gerade damals die Türken unter Solimau, die bereits 1529 Wien be-
lagert hatten, einen neuen Kriegszug gegen Ungarn vorbereiteten und Karl
und Ferdinand der Hilfe der protestantischen Reichsstände gegen diesen mäch-
tigen Feind bedurften. Diese Hilfe wurde ihnen aud) wirklich zu Theil, als
durch den Religionsfrieden zu Nürnberg (1532) bestimmt worden war,
9 Luther hielt sich während des Augsburger Reichstages, auf welchem er, da
er mit der Neichsacht belegt war, nicht erscheinen durfte, in der dem Orte des Reichs-
tages Nächstliegenden Stadt seines Kurfürsten, in Koburg auf. Hier saug er täglich
das von ihm (wahrscheinlich im Jahre 1529( gedichtete und in Musik gesetzte Schutz-
und Trutzlied der evangelischen Kirche: „Ein feste Burg ist uitser Gott". — Luther
dichtete überhaupt 36 geistliche Lieder und war auch für die Verbesserung des Kirchen-
gesanges sehr thätig. Dem Gesang und der Tonkunst war er mit großer Liebe zu-
gethan; er spielte die Laute und blies die Flöte.
2) Schmalkalden, Stadt am Thüringer Walde zum Kurfürstenthum Hessen
gehörig — Der schmalkaldner Bund war eine Erweiterung und festere Begründung
des 1526 geschlossenen Torgauer Bundes.
3) In demselben Jahre (1531) fand Zwingli bei einem zwischen den katholi-
schen und reformirten Kantonen der Schweiz ausgebrocheneu Kriege in dem Tressen
bei Kappel (unweit Zug) seinen Tod.