1884 -
München
: Königl. Zentral-Schulbücher-Verl.
- Autor: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Protestantische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): evangelisch
49. Judas Jschariot. — 50. Der Haken. 43
sein Weibchen mitgebracht. Der Landmann aber samt seinen
Kindern freuten sich sehr, als sie die beiden Tierchen sahen,
wie sie aus den klaren Äuglein zutraulich umherschauten. Und
die Kinder sagten: „Die Vögelchen sehen uns an, als ob sie
etwas sagen wollten!" Da antwortete der Vater: „Wenn sie
reden könnten, so würden sie sagen: „Freundliches Zutrauen
erweckt Zutrauen, und Liebe erzeugt Gegenliebe."
49. Judas Jschariot.
Als der Verräter Judas noch ein Knabe war, schenkte sein
Vater ihm und jedem seiner Geschwister'ein Bäumchen, dem
einen ein Feigenbäumchen, dem andern ein Mandelbäumchen,
dem dritten ein Olbäumchen, und empfahl den Kindern, sie
sorgfältig zu pflegen. Das thaten sie auch; sie hackten den
Boden ans, jäteten das Unkraut aus, lasen die Raupen ab, be-
gossen die Bäumchen während der Dürre mit Wasser; daher
hingen sie im Herbste voll der schönsten Früchte, und die Kinder
freuten sich auf den Tag, wo sie dieselben pflücken könnten.
„Aber," sagte der Vater, „was wollt ihr denn mit eurem Obste
machen?" Die sanfte Hanna antwortete: „Vater, ich sammle
meine Feigen in ein Körbchen, und jeden Morgen, wenn wir
frühstücken, bringe ich dasselbe auf den Tisch, und dann nimmst
du eine, die Mutter eine, jeder von meinen Brüdern eine und
' ich eine. Ich habe ansgerechnet, daß meine Feigen auf diese
Weise acht Tage lang ausreichen." Das gefiel dem Vater wohl,
und er fragte Nathan, was er mit seinen Mandeln anzufangen
gedenke. „Eine Hand voll will ich mir zurückbehalten," sagte
dieser — „und es damit machen wie Hanna; die übrigen aber
will mir Bruder Judas abkaufen. Er sagt, das Geld sei besser,
als die Mandeln." — „Abkaufen?" fragte der Vater erstaunt,
„woher nimmst du das Geld dazu, Judas?" — „Ei," antwortete
dieser, „ich verkaufe meine Oliven an den Kaufmann, da bekomme
ich Geld; dann kaufe ich Bruder Nathans Mandeln; die ver-
kaufe ich wieder an die Kinder in unserer Schule; da bekomme
ich noch mehr Geld. Und wenn ich das jedes Jahr so mache,
so werde ich reich sein, bis ich groß bin." „O Judas, Judas!"
sagte der Vater, „gib acht, daß das Geld dich nicht unglücklich
macht! Wer als Kind schon mit seinen Kameraden Handel treibt,
der wird als Mann seine Freunde und seine Ehre verhandeln."
Und so ist es mit Judas gegangen.
50. Der Haken.
Eines Tages spielte Adam, des Rotgerbers Söhnlein, in
der Werkstätte des Schlossermeisters Holl und entwendete einen