1884 -
München
: Königl. Zentral-Schulbücher-Verl.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Protestantische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): evangelisch
2. Die Gräser. — 28. Roggen oder das Korn.
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Die angenehm duftende Erdbeere lassen die Gelehrten nicht
als eine wahre Beere gelten; sie und die Wacholderbeere nennen
sie eine falsche Beere.
27. Die Gräser.
Eine sehr wichtige Pslanzenklasse sind die Gräser. 140 Arten
derselben wachsen in Deutschland wild. So schwach die Gräser
auch sind, sie halten treulich zusammen, und das dichte Bei-
sammenstehen derselben hat die Begriffe „Wiese, Rasen" geschaffen.
„Auf der Wiese wächst das Gras." So liest und schreibt schon
das kleine Kind, und der Satz ist richtig. Es kommt aber auf
den Wiesen noch manches vor, was kein Gras ist.
Einzelne Gräser werden angebaut, nämlich die Getreide-
arten: Weizen, Roggen, Gerste und Hafer, die jeder von einander
sollte unterscheiden können. — Aber so viel die Menschen
diesen Getreidearten auch verdanken, so gleichgiltig sind sie nicht
selten gegen dieselben. Der Landmann schaut gewöhnlich das
Ährenfeld bloß im ganzen und großen an. Er fragt höchstens,
ob die Halme dicht und fett stehen, und ob die Ähren voll oder
lückig sind. Und auch von den Städtern, welche bei ihren
Spaziergängen gerne einen bunten Blumenstrauß pflücken, würdigt
oft unter hunderten kaum einer die Getreideblüte eines Blickes.
Und warum das? Weil sie nicht schön gefärbt ist, und weil sie,
wie der tüchtige, bescheidene Mensch, nichts aus sich macht.
Nur wenige Gräser sind dem Menschen lästig, oder gefährlich.
Zu ihnen gehören die Quecken, die dem Landmanne als Un-
kraut viel Verdruß bereiten, und der Taumellolch, das einzige
giftige Gras, welches man bei uns kennt.
Betrachten wir aus dem Heere der Gräser eines genauer, den
28. Roggen oder das Korn.
Der Roggen gehört, wie alle Gräser, zu den vollkom-
meneren Gewächsen; denn wir unterscheiden an ihm Wurzeln,
einen Stengel, Blätter, Blüten mit einem Kelch und einer Art
Blumeukrone, mit Staubfäden und einem Stempel.
Die Wurzeln des Roggens sind Faserwurzeln. Sie dringen
in lockerem Boden ziemlich tief in die Erde. Der Stengel,
welcher mannshoch wird, ist ein Halm und wird durch Knoten
in Glieder oder Absätze geteilt. Die Knoten verleihen dem
dünnen Halme Festigkeit und erhalten ihn ausrecht. Über
jedem Knoten steht immer nur een langes, schmales, spitzes
Blatt. Die Blätter des Roggens sind stengelumfassend und
wechselständig. Halten wir ein Roggenblatt und ein Veilchen-
blatt gegen das Licht, so werden wir einen Unterschied wahr-
nehmen. Im Veilchenblatte bemerken wir nach der Länge und
Breite stärkere und schwächere Linien (Gefäße), ein Adernnetz;