1884 -
München
: Königl. Zentral-Schulbücher-Verl.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Protestantische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): evangelisch
229. Erfindungen im Mittelalter.
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Schiffahrt anwandte, kam sie allgemein in Gebrauch. Ohne
den Kompaß hätte die Schiffahrt wie vorher auf das
Mittelmeer beschränkt und Küstenfahrt bleiben müssen: mit
diesem Polweiser war aber die Fahrt in das freie Weltmeer
möglich gemacht und der Weg zur Entdeckung neuer Länder
gebahnt. (Entdeckung von Amerika durch Christoph Kolumbus
i. I. 1492.)
Ii. Das Schießpulver, dessen Erfindung gewöhnlich
dem deutschen Mönche Berthold Schwarz zu Freiburg
im Breisgau zugeschrieben wird, und das seit Mitte des
14. Jahrhunderts in Anwendung kam, veranlaßte einen
vollständigen Umschwung der Kriegführung. Der Wert der
Rüstungen und der Waffen des Rittertums wurde durch die
weittragenden Geschosse verringert, und allmählich bildete
sich eine neue Kriegskunst aus.
Iii. Auf die geistige Ausbildung der Menschen war die
Erfindung der Buchdruckerkunst von großem Ein-
flüsse. Sie wurde durch die Formschneidekunst vor-
bereitet. Man schnitt nämlich Bilder von Heiligen, einzelne
Wörter, ja mehrere Sätze in hölzerne Täfelchen, bestrich
dieselben mit Farbe und druckte sie daun auf Pergament
oder Papier ab. Zum Abdrucke eines geschriebenen Buches
waren deshalb so viele Holztafeln nötig, als das Buch
Seiten zählte. Da kam ein Deutscher, Johann Gutten-
berg, 1397 in Mainz geboren, während seines Aufent-
haltes in Straßburg auf den Gedanken, die einzelnen
Buchstaben auf hölzerne Stäbchen zu schneiden und zu
Wörtern zusammenzusetzen. In Verbindung mit dem Mainzer
Goldschmied Fust oder Faust, der das zu den Arbeiten
nötige Geld gab, und mit dem Bücherabschreiber Peter
Schöffcr brachte Guttenberg die neue Erfindung bald zu
solcher Vervollkommnung, daß 1456 eine lateinische Bibel
gedruckt werden konnte. Aber dem Erfinder war es nicht
vergönnt, den Lohn seiner Anstrengungen zu genießen. Faust
zerfiel mit ihm, ließ sich durch das Gericht für seine Geld-
vorschüsse alle Lettern und Gerätschaften zusprechen und
führte dann mit Schöffer, dem er seine Tochter vermählte,
das Begonnene in größerem Maßstabe weiter fort. Durch
die Unterstützung eines Mainzer Ratsherrn wurde zwar
Guttenberg von neuem in den Stand gesetzt, sich eine Presse
zu beschaffen; doch hatten die bittern Erfahrungen die Frische
und Kraft seines Lebens gebrochen. Er trat später in den