1884 -
München
: Königl. Zentral-Schulbücher-Verl.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Volksschule, Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Protestantische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): evangelisch
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245. Andreas Hofer.
tragen. Durch innere Zwietracht und machtlose Vielherrschaft
war es schon längst zum Schatten seiner einstigen Größe herab-
gesnnken. — (Von Karl dem Großen bis ans Franz Ii. hatten
56 Kaiser regiert.)
Franz Ii. nahm jetzt den Titel Franz I., Kaiser von Österreich
an. Er wurde von seinen Unterthanen wie ein Vater verehrt.
Nachdem Napoleon Österreich geschwächt und durch den
Rheinbund den Zusammensturz des deutschen Reiches herbei-
geführt hatte, stand fast nur noch Preußen unangefochten da.
König Friedrich Wilhelm Iii.*) suchte seinem Volke das
Glück des Friedens zu erhalten, obgleich er von Napoleon auf
das übermütigste zum Kriege herausgefordert wurde. Empört
über mehrere Ungerechtigkeiten, erklärte Friedrich Wilhelm endlich
m Frankreich den Krieg. In den Schlachten bei Jena (14.
Oktober 1806) und bei Friedland (14. Juni 1807) siegten jedoch
die Franzosen über die verbündeten Heere der Preußen und
Russen, und Preußen verlor durch den Tilsiter Frieden (9. Juli
1807) fast die Hälfte seiner Länder. Aus preußischen, braun-
schweigischen, hannöverschen und hessischen Gebieten bildete
Napoleon ein neues Königreich, Westfalen, mit der Haupt-
stadt Kassel, und setzte darüber seinen Bruder Hieronymus
als König.
245. Andrea« Hofer.
Zu Mantua in Banden
Der treue Hofer war;
In Mantua zum Tode
Führt ihn der Feinde Schar;
Es Mutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland, ach! in Schmach
und Schmerz,
Mit ihm das Land Tirol.
Die Hände auf dem Rücken
Der Sandwirt Hofer ging
Mit ruhig festen Schütten;
Ihm schien der Tod gering,
De»’ Tod, den er so manchesmal
Vom Iselberg geschickt ins Thal
Ivi heivgen Land Tirol.
Doch als aus Kerkergittern
Im festen Mantua
Die treuen Waffenbrüder
Die Händ' er strecken sah,
Da rief er laut: „ Gott sei mit euch!
Mit dem verratnen deutschen Reich
Und mit dem Land Tirol!“
Dem Tambour will der Wirbel
Nicht unterm Schlägel vor,
Als nun der Sandivirt Hofer
Schritt durch das finstre Thor;
Der Sandivirt noch in Banden frei,
Dort stand er fest auf der Basteif),
Der Mann vom Land Tirol!
Dort soll er niederknieen ;
Er sprach: „Das thu' ich nit!
Will sterben, me ich stehe,
Will sterben, wie ich stritt,
So wie ich steh auf dieser Schanz!
Es leb' mein guter Kaiser Franz,
Mit ihm das Land Tirol!“
Und von der Hand die Binde
Nimmt ihm der Korporal,
Und Sandwirt Hofer betet
Allhier zum letzten Mal;
Dann ruft er: „Nun, so trefft mich
recht!
Gebt Feuer! — Ach, wie schiefst
ihr schlecht!
Ade, mein Land Tirol!
*) Vater des deutschen Kaisers Wilhelm I.
f) Bollwerk ausser dem Hauptwalle einer Festung.