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1878 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Fischer, Gregor
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Sonntagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
4. Die Reismühle und die Sage von der Geburt Karls des Großen. 9
einem rauschenden W6hr6 am Fulse des Karlsberges
versteckt liegt, rühmt sich dieser Ehre.
2. König Pipin, Karls Vater, klein von Gestalt,
aber gross an Verstand und Tapferkeit, weilte oft in
der Gegend des heutigen Weihenstephan bei Freising
und frönte in den dortigen Wäldern der Jagdlust.
Von hier sandte der König einst seinen Marschall
aus, um seine erwählte Braut Bertha, die Tochter
eines mächtigen Fürsten im Osten Europas, heimzu-
geleiten. Dieser aber trug den Schelm im Herzen
und führte dem Könige anstatt der Fürstin seine eigene
Tochter zu, welche jener an Gestalt und Schönheit
ähnlich sah. Die Fürstin übergab er zwei Knechten,
um sie in der Wildnis zu töten, damit der Betrug
nicht an den Tag käme. Aber der Jungfrau heifses
Flehen erweichte die Diener, und sie liessen ihr das
Leben. Nun irrte sie einsam durch die pfadlosen
Wälder und ward endlich von einem mitleidigen
Köhler aufgefunden, der sie zur Reismühle bei Gau-
ting geleitete. Der Müller gab ihr Obdach, und durch
fleissiges Spinnen erwarb sie sich ihren Unterhalt.
z. Sieben Jahre später begab es sich, dass König
Pipin von Weihenstephan her ins Mühlthal zur Jagd
auf Urstier und Elen ritt. Im Waldesdickicht kam
er von seinem Gefolge ab, nur von seinem sternkun-
digen Arzte und einem Knechte begleitet. Bei sin-
kender Nacht führte ihn ein aus der Ferne her win-
kendes Licht zur Reismühle. Hier sah Pipin die
liebliche Spinnerin und erkannte an ihrer Hand den
goldenen Fingerring, den er einst seiner Verlobten
geschenkt hatte. Nun ordnete der König eine strenge
Untersuchung an; der Betrug wurde aufgedeckt und
der Verräter bestraft. Er verstiels seine falsche Ge-
mahlin und setzte die echte Braut an ihre Stelle.
Frau Bertha blieb noch Jahr und Tag in der Reis-
mühle, und sie bekam daselbst ein Knäblein, das durch
seine Kraft und Schönheit von der Geburt an alles
in Staunen versetzte und später als Carolus Magnus
die ganze Christen- und Heidenwelt mit seinem Ruhm
erfüllte. Als Geburtstag gilt der 2. April; das Ge-
burtsjahr aber ist ungewiss: 742, 743 oder 747.