1878 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Fischer, Gregor
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule, Sonntagsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
112 81. Max Emanuel, Kurfürst von Bayern.
2. Frankreich allein trägt die Schuld, dass der Religions-
krieg, welcher im Jahre 1618 begann, dreissig Jahre in
Deutschland wütete. Ohne Zweifel wäre derselbe schon im
Jahre 1635 durch den Prager Frieden beendigt worden,
wenn nicht Frankreich sich mit den Feinden des Deutschen
Reichs verbunden hätte. Nun erst, als Frankreich sich
einmischte, begann die namenlose Verwüstung, welche
Deutschland dem Untergang nahe brachte; nun erst wurden
ihm die Wunden geschlagen, welche es heute noch nicht
ganz verschmerzt hat. Und Frankreich war es, welches den
Löwenanteil bekam, als die Fremden im Westfälischen
Frieden zu Münster und Osnabrück die Beute teilten.
Frankreich wusste jene Friedensverhandlungen so zu lenken,
dass der Zerfall Deutschlands in mehrere hundert kleine
Länder und Herrschaften anerkannt wurde, so dass von
der kaiserlichen Oberherrlichkeit nur der leere Titel übrig
blieb. Und selbst nach diesem Schatten der kaiserlichen
Macht war Ludwig Xiv. lüstern, da er statt Leopolds I.
deutscher Kaiser werden wollte.
3. Die Ländergier Ludwigs war jedoch durch die er-
rungene Beute nicht gesättigt; sie war nur noch mehr gereizt
wie die Blutgier eines Raubtieres, wenn es einmal Blut
gekostet hat. Jetzt wurden die sogenannten Raubkriege
gegen Spanien und die Niederlande, vor allem aber gegen
Deutschland ins Werk gesetzt. Und um den Länderraub
ungerochen zu vollführen, bewog Ludwig Xiv. i. J. 1675
die Schweden zu einem Einfall in die Mark Brandenburg
und munterte die Türken auf, einen Eroberungszug nach
Österreich zu unternehmen.
4. Den Schweden misslang ihr Unternehmen. Kurfürst
Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der Grosse Kurfürst
genannt, welcher mit seinen Truppen gegen die andringenden
Franzosen im Elsafs stand, eilte in sein Land und schlug mit
der blossen Reiterei das schwedische Heer bei Fehrbellin 1675.
5. Im Jahre 1683 zog der Grosswesir Kara-Mustafa mit
300000 Mann Türken und Ungarn vor Wien und belagerte
die Stadt. Kaiser Leopold floh nach Linz und überliess die
Verteidigung seiner Hauptstadt dem tapfern und edlen
Grafen Rüdinger von Stabremberg. Zwei Monate dauerte
schon die Belagerung; eine Mauer stürzte um die andere,
Hunger und Elend nahmen überhand, und nur der Mut
und die Tapferkeit Stahrembergs hielt die Stadt noch aufrecht.
Da kam endlich Hilfe von den Reichsfürsten, und als einer
der ersten erschien der junge Kurfürst Max Emanuel von
Bayern mit 12 000 Mann Reiter undfufsvolk; mit eben so
viel kam der Kurfürst von Sachsen und der Polenkönig
Johann Sobiesky zog mit 20000 Mann heran. Unvermutet