1885 -
München
: Oldenbourg
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Katholische Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
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150. Die fränkische Schweiz.
ganzen Ausdehnung nach ausnützen. Denn mitten im
Felde ragen kleinere oder grössere Felsblöcke, ,,Knocke“
genannt, aus dem Boden hervor. Darum führen die
Landleute auf dem „Gebirge“ mitunter ein an Entbeh-
rungen reiches Leben. Wer „schwarzes“ Brot im
eigentlichen Sinne des Wortes sehen und schmecken will,
der mache von Müggendorf oder Streitberg aus
einen Abstecher auf die Höhen gegen Nordwest. Dort
säet der Landmann im Frühjahre das sogenannte Misch-
getreide, bestehend aus Gerste, Linsen und Wicken. Die
geerntete Frucht wird, mit einer geringen Menge Roggen
vermischt, gemahlen und zu Brot verbacken. Das gibt
ein nahrhaftes, aber buchstäblich schwarzblaues
Brot, das in der Backschüssel getragen werden muss,
damit es nicht auseinander fällt. Wer halb Mischfrucht,
halb Roggen backen kann, gehört schon zu den vermög-
licheren Grundbesitzern.
Wegen Mangels an Quellwasser ist man auf den
Hohen gezwungen, Cisternenwasser zum Bierbrauen, zum
Trinken und Kochen zu verwenden. In trockenen Som-
mern muss Wasser aus dem Thale herbeigefahren werden.
Will man frisches Wasser haben, so verschafft man
sich dieses entweder durch Druckwerke, oder durch
Wasserleitungen. Ersteres ist z. B. auf dem Schlosse
Greifenstein bei Heiligenstadt und in Göfswein-
stein, letzteres in Siegritz, einem Dorfe nordwestlich
von Streitberg, der Fall. Die Regierung von Ober-
franken unterstützt die Bemühungen der Höhenbewohner,
sich gutes Quellwasser zu verschaffen, auf jede mögliche
Weise.
Sollte man aber glauben, dass sich die guten Leute
auf dem Gebirge bei ihren Entbehrungen unglücklich
fühlen, so würde man sehr irren. Sie gemessen, was
ihnen Gott beschieden, und entbehren gern, was ihnen
versagt ist. Ja sie können manchem, der in einer ge-
segneteren Gegend unseres Vaterlandes wohnt, als Vor-
bild dienen. An gar manchen Hausthüren auf dem
„Gebirge“ fand man bis auf die neueste Zeit kein eisernes
Schloss, sondern höchstens einen hölzernen Riegel, und
Wägen und Pflüge lässt man dort unbesorgt über Nacht
auf den Feldern stehen.