1875 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Fischer, Gregor
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
16
8. Der fränkische Jura.
Fichtelgebirge bis zum Mainthal bei Lichtenfels ein mäßig
hoher Gebirgszug, der deutsche Jura. Der südliche Teil des-
selben, bis zur Mündung der Wörnitz bei Douauwörth, heißt
auch der schwäbische Jura oder die rauhe Alp; der nördliche
Teil wird als der fränkische Jura bezeichnet. An dem steil
abfallenden Westrande des letzteren ziehen die Rezat und die
Regnitz hin, während der slachverlaufende Ostrand von den
Thälern der Nab und Vils und des roten Mains (Bayreuth)
begrenzt wird. In der Gegend von Neumarkt i. Opf. tritt
das Gebirge nach Osten zurück und bildet eine große Bucht,
welche der Donau-Main-Kanal zu seinem Übergang ins Alt-
mühlthal benutzt hat. Bei Nürnberg wird der Gebirgswall
von der Pegnitz durchbrochen.
2. Die beiden merkwürdigsten Abschnitte des fränkischen
Jura sind die Tropfsteinhöhlen der fränkischen Schweiz bei
Müggendorf östlich von Forchheim — und die zwischen den
Städten Pappenheim, Solnhofen und Eichstädt sich erhebenden
reichbewaldeten Felsberge. Wer mit der Eisenbahn von Nürn-
berg über Pleinfeld und Treuchtlingen nach München fährt,
erreicht bei Pappenheim das letztgenannte merkwürdige Gebiet,
wo die Solnhofer Kalkschiefer oder Lithographiesteine gebrochen
werden. Wie in regelrechten Mauern sind die Platten in ver-
schiedener Dicke von 6 bis 30 6m aufgeschichtet. Munter und
mannigfaltig ist das Treiben der zahlreichen Arbeiter in den
vielen Steinbrüchen, welche von der Hochebene des Gebirgs
geradezu in die Tiefe bis zu 30 m schachtförmig eingetrieben
worden sind. Die einen brechen die nutzbaren Steintafeln aus
der Felswand, während die andern durch Meißel, Hammer
oder Säge diese Tafeln in regelrechte, quadratische oder recht-
eckige Platten umwandeln, wie sie der Lithograph für seine
Kunst bedarf, oder wie sie zum Belag der Fußböden in Kirchen
und andern Bauwerken gebraucht werden. Wieder andere
durchbohren die dünnen Platten und bringen sie in die Form
von Dachziegeln, welche in jener Gegend das Deckmaterial der
weithinschimmernden, schneeweißen Hausdächer bilden.
3. Die mauerförmigen Wände eines solchen Bruches be-
stehen meist aus einem gelben, hellgräulich-weißen oder licht-
aschgrauen Kalksteine, die eine spiegelglatte Politur annimmt.
Auf manchen Platten findet man versteinerte Fische, Krebse
und andere Wassertiere, woraus man geschlossen hat, daß diese
Kalkfelsen aus dem feinen Schlamme eines ausgetrockneten
Meeres entstanden sein müssen.
4. Ein Hirtenknabe, so lautet die Sage, welcher seine
Ziegen auf der Solnhofer Bergplatte weidete, soll schon vor
dreihundert Jahren diese Kalkschiefer entdeckt haben. Als der
Bischof von Eichstädt den Fußboden der neuen Domkirche mit
Steinplatten belegen lassen wollte, ließ er sich aus allen Gegenden