1875 -
München
: Oldenbourg
- Autor: Fischer, Gregor
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Weltkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
137. Die Schweinezucht im alten Deutschland. 175
Grasplätze, weiss die Zeit des Melkens, kennt von fern die
Lockstimme des Hüters und folgt ihm zutraulich; sie weiss,
wenn sie Salz bekommt, wenn sie zur Hütte oder zur Trünke
muss. Sie spürt das Nahen des Unwetters, vermeidet die
Pflanzen, die ihr nicht zusagen, beschützt ihr Junges.
4. Aber noch viel vorzüglicher als die gescheideste Kuh
ist der Stier oder Bullen. Er hat viel mehr Körperkraft,
schärfere Sinne, mehr Mut, Gewandtheit und Raschheit. Er
schaut mit Verstand um sich. Er ist ein gewaltiger Be-
schützer seiner Herde. Er geht auf den Feind: Bär, Hund,
Mensch, ohne Furcht los, senkt den Kopf tiefer, brummt
furchtbar tief, erfasst ihn mit seiner mächtigen Gabel und
wirft ihn mit einem Ruck des Kopfes und Halses rückwärts
über sich hin. Einen fremden Bullen leidet er nicht bei der
Herde. Er kämpft mit ihm auf Lehen und Tod. Stolz
spaziert er herum und schlägt mit seinem starken Schwänze
seine breiten Rippen. Er hat viel mehr Eigensinn als die
Kuh. Wenn er nicht will, so will er nun einmal nicht.
5. Im Stall erzogen, hart und roh behandelt, wird der
Stier dumm und boshaft, lässt sich aber trotzdem zu einem
brauchbaren Knechte des Menschen abrichten. Er zieht den
Pflug und den Wagen, doch nicht so willig wie die Kuh, da-
für aber stärker und anhaltender. Ist er seiner Arbeit ein-
mal Meister, so folgt er dem Wort. Zieht das Pferd, wenn
ihm „Halt“ gerufen wird, noch einen Schritt oder ein paar
Schritte, oder tritt es zurück — nicht so der Stier. Er zieht
nur bis zum Haltruf. Augenblicklich steht er still, wie ver-
steinert. Wird nicht gerufen, so zerrt er Wagen und Pflug
durch alles Widerstrebende. Die Kuh gibt aus Schwäche
nach, das Pferd aus Verstand. Der Stier gibt nicht nach.
Das Pferd rechnet und will seine Kraft nicht unnütz ver-
schwenden. Gewiss zieht der Stier lieber mit seines gleichen
als mit einem Pferde. Ihre Schritte sind ungleich, weswegen
schon Moses ein solches Zweigespann verboten hat. Der Stier
lässt sich lieber das Joch als das Pferd das Kummet auf-
legen, und er scharrt und brüllt am Arbeitstage danach. Er
will etwas thun.
137, pie Schweinezucht im alten peutschkand.
1. Die Schweinezucht war schon sehr früh ausgebreitet.
Die Schweine werden in allen Gesetzen, sogar in dem kurzen
Gesetzbuche der Thüringer, erwähnt und stehen im salischen oben-
an. Eine Soneste oder Son (Herde) zählte sechs Zucht-
sauen und einen Eber; der Sauhirt trieb aber 25, 40 und