1912 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Koch, Hermann
- Hrsg.: Wolff, Karl, Porger, Gustav
- Sammlung: Lesebuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Knabenmittelschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
- Geschlecht (WdK): Jungen
176 0707070707070707070707070707 070707070707
sagte, er solle nur etwas Gutes für ihn einkaufen, so machte er große
Augen, lief und suchte das Beste, was er auftreiben konnte. Nach der
Mahlzeit fragte der Gast, was er schuldig wäre; der Wirt wollte
die doppelte Kreide nicht sparen und sagte, noch ein paar Goldstücke
müßte er zulegen. Der Geselle griff in die Tasche; aber sein Geld war
eben zu Ende. „Wartet einen Augenblick, Herr Wirt," sprach er, „ich
will nur gehen und Geld holen," nahm aber das Tischtuch mit. Der
Wirt wußte nicht, was das heißen sollte, war neugierig, schlich ihm nach,
und da der Gast die Stalltür zuriegelte, so guckte er durch ein Astloch.
Der Fremde breitete unter dem Esel das Tuch aus, rief „Bricklebrit!"
und augenblicklich fing das Tier an,
Gold zu speien, daß es ordentlich
auf die Erde herabregnete. „Ei der
tausend," sagte der Wirt, „da sind
die Dukaten bald geprägt! So ein
Geldbeutel ist nicht übel." Der Gast
bezahlte seine Zeche und legte sich
schlafen; der Wirt aber schlich in der
Nacht herab in den Stall, führte den
Münzmeister weg und band einen
andern Esel an seine Stelle. Den
folgenden Morgen in der Frühe zog
der Geselle mit seinem Esel ab und
meinte, er hätte seinen Goldesel.
Mittags kam er bei seinem Vater
an, der sich freute, als er ihn wiedersah,
Zeichnung von Ludwig Richter. und ihn gern aufnahm. „Was ist aus
dir geworden, mein Sohn?" fragte der Alte. „Ein Müller, lieber Vater,"
antwortete er. „Was hast du von deiner Wanderschaft mitgebracht?" „Weiter
nichts als einen Esel." „Esel gibt's hier genug," sagte der Vater, „da wäre
mir doch eine gute Ziege lieber gewesen." „Ja," antwortete der Sohn,
„aber es ist kein gemeiner Esel, sondern ein Goldesel; wenn ich sage
,Bricklebrit!' so speit Euch das gute Tier ein ganzes Tuch voll Goldstücke.
Laßt nur alle Verwandten herbeirufen, ich mache sie alle zu reichen
Leuten." „Das lass' ich mir gefallen," sagte der Schneider; „dann
brauch' ich mich mit der Nadel nicht weiter zu quälen," sprang selbst
fort und rief die Verwandten herbei. Sobald sie beisammen waren, hieß
sie der Müller Platz machen, breitete sein Tuch aus und brachte den Esel
in die Stube. „Jetzt gebt acht," sagte er und rief: „Bricklebrit!" Aber