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1. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an höheren Schulen - S. 43

1895 - Freiburg i.B. : Wagner
4. Denn seinen militrischen Pflichten kam Sokrates ge-wissenhaft und mutvoll nach. Dem politischen Treiben hielt er sich fern, weil es die Rechtschaffenheit untergrabe; wo aber sein Pflichtgefhl ihn zur Anteilnahme zwang, da trat er ohne Scheu fr seine berzeugung ein. Nach der siegreichen Seeschlacht bei den Arginusen, einer Inselgruppe hinter Lesbos, wurden die siegreichen Feldherren auf Leben und Tod angeklagt, weil sie die Leichen der Gefallenen zur Bestattung nicht aufgefischt. Da war Sokrates der einzige, der sich den Drohnngen der wtenden Volksversammlung entgegen fr die Unschuldigen erhob. Er allein weigerte den Blutbefehlen der Dreiig den Gehorsam. Denn er frchtete den Tod nicht: kein Mensch wisse, ob der Tod ein bel sei oder ein Gut; dagegen wisse er genau, da Unrechtthun ein bel sei; es sei also besser zu sterben als Unrecht zu thun. In dieser Gesinnung handelte er auch, als seine Mitbrger ihn zuletzt vor Gericht luden. Denn die Sophisten haten ihn tdlich; andere verschrieen ihn als einen gottvergessenen Zauberer, und den Brgern mochten die unerbittlichen Mahnungen und Rgen des wunderlichen Mannes lstig fallen, obgleich er die feinen Formen attischer Hflichkeit niemals verletzte. So be-schuldigten ihn einige der Männer, welche nach der Vertreibung der Dreiig ans Ruder kamen, er fhre neue Götter ein und verderbe die Jugend. 5. Sokrates verschmhte es, durch Beredsamkeit oder durch Thrnen die Richter zu erweichen. In heiterster Seelenruhe, nicht ohne feinen Spott, wies er nach, da die Gegner nicht wten, was er gewollt habe. Das delphische Orakel, so erzhlte er, habe auf eine Anfrage seines Freundes Chairephon ihn fr den weisesten aller Menschen erklrt. Um den Sinn dieses Ausspruches zu ergrnden, habe er in zahlreichen Unter-redungen die Staatsmnner, Dichter, Handwerker geprft und herausgefunden, da er nur in einem Punkte alle anderen bertreffe: Ich wei, da ich nichts wei- ihr wit auch nichts, bildet euch aber ein, etwas zu wissen. Diese Einbildung hlt euch ab, wahres Wissen zu erwerben. Ich habe darum aus jenem Orakelspruch die heilige Verpflichtung entnommen, gleich-mtig gegen alle Verkennung und Empfindlichkeit euch von dem Vorurteil, als wtet ihr etwas, zu befreien und zum Streben nach wahrer Weisheit und Tugend aufzumuntern, wie eine Bremse ein edles, aber schwerflliges Ro." So habe er sie zur Tugend und zum Glck hinleiten, sie schn und gut" machen wollen; und diese Arbeit habe sein eigenes Leben so glcklich gestaltet, wie es wenigen Menschen beschieden sei. Er mchte gar nicht leben ohne diese Prfung an sich und anderen.
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