Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Lebensbilder aus Sage und Geschichte - S. 180

1910 - Leipzig [u.a.] : Kesselring
180 Kaiser Karl V. Er vertrieb die uneinigen Protestanten ans Süddeutschland; dann nahm er den Kurfürsten Johann Friedrich bei Mühlberg gefangen, und da alles verloren schien, stellte sich ihm Philipp von Hessen freiwillig, nachdem der Kaiser versprochen hatte, ihn nicht „mit ewigem Gefängnis" zu bestrafen. In dieser Zeit zog der Kaiser auch als Sieger in Wittenberg ein, und man zeigte ihm in der Schloßkirche das Grab Luthers und riet ihm, die Gebeine des „Ketzers" ausgraben und verbrennen zu lassen. „Ich führe mit Lebendigen Krieg, nicht mit Toten", sagte der Kaiser und störte die Ruhe des Toten nicht. Seine ganze Strenge aber mußten die gefangenen Fürsten fühlen. Johann Friedrich wurde zum Tode verurteilt, dann zu ewigem Gefängnis begnadigt. Er mußte auf all seine Lande verzichten und ist mit stiller Ergebung in sein Schicksal ins Gefängnis gegangen. Sein Kurfürstentum Sachsen erhielt sein Vetter Herzog Moritz, der bis dahin nur das östliche Sachsen mit der Hauptstadt Dresden beherrscht hatte. Nur der südliche Teil, die thüringischen Herzogtümer, blieb seinen Nachkommen. — Landgraf Philipp schmachtete indes in niederländischen Kerkern; aber nichts konnte ihn zum Abfall von seinem Glauben bringen, und trotz seiner glühenden Tatenlust und seiner heißen Sehnsucht nach Frau und Kindern blieb er im Gefängnis. „Ich will lieber tot sein als länger gefangen", schrieb er damals. Da kam ihm Hilfe von einer Seite, von der sie niemand erwartet hatte. Kurfürst Moritz von Sachsen wandte sich gegen den Kaiser. Wohl hatte er erst zu diesem gehalten und war für seine Dienste mit der Kur* würde belohnt. Aber er war Protestant, obgleich er nicht dem Schmalkaldischen Bunde beigetreten war, und nun sah er die protestantische Sache und die der deutschen Fürsten ganz daniederliegen. Dazu war er der Schwiegersohn Philipps von Hessen und hatte ihn selbst zur Unterwerfung veranlaßt, und nun hielt diesen der Kaiser doch dauernd gefangen. Heimlich verbündete er sich mit Frankreich, und ganz plötzlich wandte er sich nun gegen den Kaiser, und fast hätte er diesen in Innsbruck gefangen genommen. Mit Mühe rettete man den gichtfranfen Kaiser in einer Sänfte über die Berge. Aber durch diesen plötzlichen Abfall, der von andern Reichsfürsten unterstütztwurde, brach des Kaisers Macht und Mut zusammen. Er schloß im Jahre 1555 den Augsburger Religiousfriedeu, worin er den Protestanten freie Religionsübung gewährte und jedem Reichsfürsten gestattete, zwischen der katholischen und lutherischen Lehre zu wählen. Die beiden gefangenen Fürsten hatte er schon vorher, nach sechsjähriger Gefangenschaft, freigegeben. So war der Kaiser in dem Kampfe unterlegen. Das Ziel all seines Strebens, die Einheit der Kirche, ging verloren, und der größte Teil Deutschlands fiel dem Luthertum zu. C. Karls Y. Ausgang. Nun ging dem Kaiser, der das Beste gewollt hatte, alle Freudigkeit verloren. Wohl war sein Reich so groß, daß die Sonne in ihm nicht unterging; aber er konnte es nicht zusammenhalten.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer