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1. Geschichte des preußischen Staates - S. 55

1900 - Münster i. W. : Schöningh
— 55 — der sie für eine Französin hielt, verwundert fragte, ob die Fürstin auch das Deutsche verstehe. Schon in srüher Jugend machte sie mit ihren Eltern eine Reise nach Italien, die auf die Ausbildung ihres Urteiles und Geschmackes. besonders in Musik, sehr vorteilhaft wirkte. — Auch den Hos zu Paris besuchte sie und erregte hier sowohl durch ihre Schönheit, als auch durch die Reise ihres Verstandes und den Umfang ihrer Kenntnisse allgemeines Erstaunen. Hier, wo damals geistiger und geselliger Verkehr in höchster Blüte standen, gewöhnte sich Sophie Charlotte an feinere Sitten und edle Umgangssormen und bildete ihren Kunstsinn weiter aus. — Die Befördern! von Kunst und Wissenschaft. Der Kurprinz Friedrich von Brandenburg führte die schöne und sein gebildete Prinzessin im Jahre 1684 als seine zweite Gemahlin heim. Ihren Gemahl schätzte sie hoch, aber ihrem ganzen Wesen nach paßte sie wenig zu Friedrich. Auch am Hose sand die Fürstin wenig Erfreuliches. Die prunkvollen Festlichkeiten, der Glanz und die Pracht, zumal nach der Erhebung ihres Gemahls zum Könige, sagten ihr nicht zu. Viel lieber verweilte sie aus ihrem Landsitze in dem Dorfe Lützen bei Berlin, dem heutigen Charlottenburg, wo ihr später Friedrich ein herrliches Lustschloß erbauen ließ. Hier liebte sie es, im Freien zu lustwandeln, zu lesen oder sich im geistvollen Gedankenaustausche mit berühmten Zeitgenossen zu ergehen. Besonders gern unterhielt sie sich mit dem berühmten Philosophen Leibniz. Nach und nach bildete sich ein engerer Kreis von hochgebildeten Männern und Frauen um die Fürstin, wo nicht selten ein wissenschaftlicher Streit gelehrter Männer über interessante Fragen, besonders aus dem Gebiete der Philosophie und Religion, stattfand. Eine solche Unterhaltung gewährte der hochbegabten Frau reiche Gelegenheit, ihre geistigen Eigenschaften und ihre allseitige, tiefe Bildung zu zeigen, auch manchmal fogar einen Fachgelehrten durch ihre Fragen in Verlegenheit zu bringen. — Dabei fehlte aber auch die gemütliche, gesellige Unterhaltung nicht, Musik, Gesang und Buhnenspiel. Aus diesem engen Zirkel war alle Pracht und das steife Formenwesen streng verbannt. Die Frauen erschienen in einfachen, schwarzen Kleidern, und in der Unterhaltung herrschte die vollste Zwanglosigkeit. Wenn Sophie Charlotte auch wenig Einstuß auf ihren Gemahl hatte und sich nie in Staatsangelegenheiten mischte, so gebührt dieser eifrigen Beförderin von Kunst und Wissenschaft doch das Verdienst, daß, angeregt durch das Leben am Hose zu Charlottenbnrg, sich in den oberen Kreisen des Landes ein höheres und regeres geistiges Streben bemerkbar machte und seinere Lebenssitte verbreitet wurde. Verschiedene Gelehrten- und Kunstanstalten sowie manche Prachtbauten in Berlin verdanken nicht zum kleinsten Teile ihre Entstehung der hohen Bildung und dem Kunstverständnisse dieser edlen Fürstin.
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