1910 -
Breslau
: Dülfer
- Autor: Jahn, Ernst
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch, Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerseminar
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
Brandenburg bis zum Regierungsantritt des Großen Kurfürsten. 41
spruch zu nehmen. Diese sträubten sich natürlich, Schulden zu übernehmen, die
ohne ihr Vorwissen angehäuft worden waren. Joachim Ii. mußte ihnen daher
ausdrücklich versprechen, 1. künftig keine wichtige Angelegenheit ohne ihre Mit-
wirkung zu erledigen, 2. keine Verbindlichkeit ohne ständische Genehmigung zu
übernehmen,^ 3. den Ständen die Einziehung und Verwaltung der „gemeinen
Landsteuer und Hilfe" zu überlassen. Die Städte zogen von nun an den
sogenannten „Pfundschoß", der Adel (Oberstände) den „Hufenschoß" ein, und
beide Steuern wurden durch ständische Beamte verwaltet. — Erneute Geldnot
des Kurfürsten führte 1550 zu einer weiteren Neuordnung der Finanzen.
Die bisherigen beiden Kassen (die Verwaltung des Pfundschosses und des
Hufenschosses) blieben unter der Verwaltung der Stände, die jetzt für die
Schulden des Landesherrn als Selbstschuldner eintraten und zur schnelleren
Abzahlung noch eine besondere Steuer erhoben. Aber „es genügte nicht, die
Schulden des Landesherrn zu übernehmen; es mußte Vorsorge getroffen werden,
daß er deren nicht neue zu machen nötig hatte und machen konnte". Der
Kurfürst mußte jetzt zu den bereits erwähnten direkten Steuern auch die einzige
damals bestehende Verbrauchsabgabe, die Bierziese, der Verwaltung der Stände
übergeben. Die gesamte Steuerkraft des Landes war also jetzt den Ständen
zur Verfügung gestellt und dem Landesherrn dadurch bei seinen Ständen ein
— allerdings stets an ihre Zustimmung gebundener Kredit eröffnet. Daher
nannte man diese Verwaltung der Finanzen durch die Stände das Kreditwerk.
ß. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß durch dieses Kreditwerk der
Landesherr gewissermaßen unter Kuratel gestellt worden war, es war ihm das
Verfügungsrecht über „die Substanz" der Staatseinkünfte entzogen. „Nun
erst, wo die Stände wirklich den Strick in der Hand haben, vermögen sie auf
die Politik und das Regiment des Landes den Einfluß zu gewinnen, der,
wenn sie wollen, zu wirklicher Mitregierung wird. Nun erst wird Branden-
burg ein ständischer Territorialstaat." (Droysen.)^)
y. Im Innern zeigten sich die schlimmen Folgen dieses ständischen
Mitregimentes vor allem darin, daß den Gutsherren die bisher von ihnen auf
eigene Faust betriebene Unterdrückung der Bauernfreiheit jetzt staatlich kon-
zessioniert wurde.
1540 gestattete Joachim I!., daß auf Beschluß der Stände künftighin
„mutwillige Bauern" ausgekauft, d. h. nötigenfalls gewaltsam enteignet werden
konnten. Johann Georg erweiterte diese Bestimmung sogar dahin, daß die
Gutsherren die enteignete Bauernstelle nicht wieder zu besetzen brauchten, sondern
sie zu ihrem Besitz schlagen durften. Joachim Friedrich bestätigte den Land-
tagsbeschluß von 1602, nach welchem den Bauern verboten wurde, in andern
Dörfern oder in Städten Grundbesitz zu erwerben.
d. Welch verhängnisvolle Wirkungen der ständische Einfluß auf
die auswärtige Politik des Staates hervorbrachte, zeigte sich am deutlichsten * 2
0 Tatsächlich war zwar schon immer den Ständen ein derartiger Einfluß zu-
gestanden worden, jetzt aber wurden ihnen solche Rechte ausdrücklich verbrieft und ihre
Mitwirkung zu einer Bedingung erhoben, von der sie ihre Bewilligungen abhängig
machen konnten.
2) Die Stände — Adel, Prälaten und Vertreter der Jmmediatstädte — traten
int sogenannten Landtage zusamnien. Für Erledigung der laufenden Angelegenheiten
bestand ein Ausschuß, dessen Wahl nach landschaftlichen Einheiten — Kreisen — erfolgte.
In diesen Kreisen traten die Ritter, Prälaten und Städte wieder zu Kreistagen zusammen.