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1. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 - S. 59

1910 - Breslau : Dülfer
Charakteristik des Wirtschaft!., sozialen, geistigen u. sittl. Lebens im 17. Jahrh. 59 Stände botmäßig machte und alles polizeilich bevormundete, setzte sich nun ganz an die Stelle der Kirche, er bestimmte auch das wirtschaftliche Leben. Viel Unheilvolles klebte ihm an, aber er vertrat etwas Neues, aus dem Besseres und Freieres herauswachsen konnte. Und wie dieser Staat jetzt stabiliert wurde, so begann nunmehr unter den verschiedenen Staaten gerade derjenige seine aufsteigende Entwicklung, der die äußere Geschichte der modernen Deutschen schließlich in ihrer Gesamtheit bestimmen sollte, der brandenburgisch- preußische." (Steinhaufen.) 2. Die fürstlichen Höfe wurden Mittelpunkte und Träger der neuen, hauptsächlich französischen Einflüssen entsprießenden Kultur. a. Hatte die verfeinerte Art der französischen Lebenshaltung schon vor Beginn des großen Krieges unter der fürstlichen Gesellschaft Deutschlands Ein- gang gefunden, so wurde die Nachahmung des französischen Hofzeremoniells jetzt geradezu charakteristisch für das Leben an den deutschen Fürsten- höfen. Je mehr nun das fürstliche Hofleben mit der immer schärferen Aus- prägung des Begriffs der absoluten Herrschaft der Landesherren sich zum allbeherrschenden Mittelpunkte des staatlichen Daseins ausgestaltete, um so intensiver mußte auch das an den Höfen gepflegte neue Wesen die Kultur- enttvicklung des ganzen Volkes beeinflussen. b. Die aus fremden Einwirkungen unter der Direktive fürstlicher Despotien erwachsene neue Kultur zeigte naturgemäß starke Schattenseiten. Durch die verschwenderische Prunksucht der Hofhaltungen wurden den wirtschaftlich erschöpften Untertanen drückende Steuerlasten aufgebürdet. Die einseitige Bevorzugung des adligen Elements führte eine bis zur Kastenartigkeit gesteigerte Verschärfung der sozialen Gliederung herbei. Der Adel bildete die vornehme Gesellschaft der Fürstenhöfe, die durch ihre kavaliermäßige Erziehung hoch über die Kreise auch des gebildeten Bürgertums emporgehoben wurde; die höheren Beamten- und Offiziersstellen wurden vielfach dem Adel Vorbehalten. „Immer schärfer wurde die schon früher beobachtete Exklusivität des Adels, . . . die Heirat mit Bürgerlichen wurde jetzt völlig zur Mesalliance. Der Aristokrat war ein ganz anderer Mensch mit anderm Blut", dem die bürgerliche und bäuerliche Bevölkerung als Pöbel, Kanaille gegenüberstand. Während aber das neue Kulturideal in bürgerlichen Kreisen begierig akzeptiert wurde und der aus dem Bürgertum durch landesherrliche Gnadenerweisung hervorgegangene, begehrlich erstrebte Briefadel sich krampfhaft bemühte, den älteren Standesgenossen ebenbürtig zu werden, blieb der Bauer — von ganz vereinzelten Ausnahme- fällen abgesehen — von jeder Anteilnahme an der neuen Bildung ausgeschlossen. Die leichtfertige Sittlichkeit, der frivole Ton, der in der höfischen Gesellschaft vielfach gang und gäbe war, gab dem moralischen Empfinden der Untertanen das übelste Beispiel. Verderblicher noch wurde der Einfluß der moralischen Minderwertigkeit der höfischen Kultur für die Ausprägung des Charakters. „Das Hofideal brachte ein allgemeines Streben nach oben, eine Wertschätzung äußerlicher Dinge, eine nur vom eigenen Vorteil geleitete Lebensklugheit in weite Kreise. Auf der einen Seite eine erschreckende Skrupellosigkeit, nicht nur bei den harten, klugen, sich gegenseitig an der Nase herumführenden Staatsmännern der neuen Schule, den machiavellistischen Räten, wie sie eine Flugschrift von 1678 nennt, die einer in unendlichen Kleinlichkeiten und Äußerlichkeiten aufgehenden Politik zu dienen hatten, sondern bei allen Zeit- genossen. Mit dieser unglaublichen Jdeallosigkeit verband sich jene infame
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