1910 -
Breslau
: Dülfer
- Autor: Jahn, Ernst
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch, Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerseminar
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
Brandenburg unter dem Großen Kurfürsten.
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des Kurfürsten; er ernannte die Offiziere (auch die subalternen, die bisher von
den Obersten der Regimenter ernannt worden waren), und in seinem Namen
übten richterliche Beamte (Auditeure) die militärische Gerichtsbarkeit aus. Die
Verpflegung und Ausrüstung des Heeres wurde ebenfalls neu geordnet; an
die Stelle der alten Vielgestaltigkeit der Bekleidung trat die Uniformierung der
verschiedenen Waffengattungen. Die Soldzahlung wurde zum Teil in Natural-
verpflegung umgewandelt. Für die Verpflegung der Truppen wurden in den
einzelnen Kreisen fürstliche Jntendanturbeamte, Kriegskommissare, eingesetzt.
e. So wurde das Heer ein gefügiges Werkzeug in der Hand des
Kurfürsten, der sich desselben bediente, um das Ansehen seines Staates nach
außen hin durch glänzende Waffentaten zu begründen und im Innern den
Widerstand der ständischen Gewalten zu brechen.
3. Die ständischen Vertreter egoistischer Sonderinteressen zwang der
Große Kurfürst durch Neuordnung des Finanzwesens und gewaltsame
Unterdrückung der dauernd widerspenstigen Elemente zur Unterordnung unter
seine, die Staatseinheit repräsentierende fürstliche Autorität.
a. Da sich der dem Gedanken des Einheitsstaates widerstrebende
Einfluß der Land stände auf die Beherrschung der staatlichen Finanzen
durch die Stände gründete, mußte der Kampf zwischen dem aufstrebenden
fürstlichen Absolutismus und der ständischen Verfassung hauptsächlich auf
finanziellem Gebiete ausgefochten werden. In Brandenburg war die landes-
herrliche Gewalt des Fürsten durch die Einrichtung des ständischen Kredit-
wertes (vgl. § 6, Iii) fast zu völliger Ohnmacht verdammt worden. Die Schulden
des Landes waren unter der Verwaltung der Stände bis auf mehrere Millionen
angewachsen, und die Stände selbst waren größtenteils die Gläubiger. Da
führte der Kurfürst eine fürstliche Kontrolle über das Kreditwerk ein, und
so gelang es, die Schulden bis auf einen Rest, den der Staat übernahm, ab-
zuzahlen und somit die Landesgewalt aus der ständischen Umklammerung zu
befreien.
Hand in Hand damit ging eine Neuregelung des Finanzwesens.
Die außerordentlich drückende Grund- und Kopfsteuer (Kontribution) sollte nach
dem Vorschläge des Kurfürsten zum Teil durch eine indirekte Steuer (Akzise)
ersetzt werden. Da aber eine indirekte Steuer den Laudesherrn vom Steuer-
bewilligungsrechte der Stände unabhängig machte, leistete der Adel den heftigsten
Widerstand. Die Städte ließen sich dagegen von den Vorteilen der neuen
Besteuerung überzeugen und führten an Stelle der Kontribution die Akzise
ein. Der Kurfürst war trotz aller Energie nicht imstande, den Widerstand
des Adels zu beseitigen, und so blieb denn auf dem Lande die Kontribution,
von der der Adel natürlich frei war. bestehen. Jedoch an der Verwaltung
der Kontribution, die bisher ausschließlich in den Händen der Stände gelegen
hatte (Kreiskommissare), nahm nun auch der Staat teil, indem er den Kreis-
kommiffaren die breits erwähnten fürstlichen Kriegskommiffare zur Seite stellte?)
d. Als sich in Preußen der Widerstand der Stände bis zu offener
Auflehnung und hochverräterischer Verbindung mit dem Könige von
Polen steigerte, zwang der Kurfürst (1663) die hartnäckigen Gegner mit Ge-
walt zur Unterwerfung.
*) Genaueres über die Reform der Steuern durch den Großen Kurfürsten bei
Ranke a. a. O. I. Bd.
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