1910 -
Breslau
: Dülfer
- Autor: Jahn, Ernst
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch, Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerseminar
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
108 Vom Großen Kurfürsten bis zum Tode Friedrichs des Großen.
Augusts Ii. von Sachsen und Polen und durch die Freundschaft Ludwigs Xiv.
von Frankreich für Stanislaus Lesczynski wurde die Aufmerksamkeit der Nach-
barstaaten Polens in stärkerem Maße auf das trotz seiner Größe dennoch
politisch ohnmächtige Reich gelenkt.
August Ii. trug sich mit dem Gedanken, die berühmte polnische „Libertät"
Hu brechen und die alte Adelsrepublik zu einer erblichen Monarchie umzugestalten.
Um nun dabei von den Nachbarstaaten keinen Widerstand zu erfahren, wollte
August Ii. einige Provinzen an Rußland, Österreich und Preußen abtreten.
(1733 suchte er bei einer Zusammenkunft mit dem preußischen General Grumbkow
in Krossen Friedrich Wilhelm I. für seine Pläne zu gewinnen.)
Ludwig Xv. von Frankreich beabsichtigte, seinem Schwiegervater Stanislaus
Lesczynski die polnische Königskrone zu verschaffen, um nötigenfalls den
Habsburgern im Osten Schwierigkeiten bereiten zu können.
ß. Den Ostmächten aber kam es darauf an, Polen in seiner alten
Zerrüttung zu erhalten. Darum verpflichteten sie sich schon vor dem Tode
Augusts Ii. gegenseitig dazu, nur die Wahl eines solchen Königs zuzulassen,
der den Nachbarländern keinerlei Ungelegenheiten bereiten werde. August Iii.
von Sachsen war für Österreich 'als König von Polen unerwünscht, weil er
die pragmatische Sanktion anfocht, Lesczynski sollte wegen seiner Beziehungen
zu Frankreich von der Wahl ausgeschlossen sein. Die Ostmächte einigten sich
zunächst aus die Person des Jnfanten Emanuel von Portugal als Thron-
prätendenten für Polen.
y. Gleichzeitig traf Rußland mit Preußen in dem Löwenwoldeschen Ver-
trage (1732) eine Übereinkunft von nicht geringer Wichtigkeit. Um die von
den Polen beabsichtigte Aufteilung des Herzogtums Kurland in einzelne
Woiwodschaften zu Verbindern, sollte das Herzogtum einem preußischen Prinzen
übertragen werden. Österreich und Rußland wollten für die Ausführung
dieser Idee eintreten.
f. Als Österreich und Rußland jedoch ihre Absichten mit Polen ohne
Preußens Mitwirkung erreicht hatten, gaben sie ihren bisherigen Ver-
bündeten ohne Rücksicht aus alle Verträge treulos preis.
a. Die Freundschaft zwischen Österreich und Preußen war infolge des
rücksichtslosen Egoismus des Kaisers bereits gelockert worden.
Der Wiener Hof hatte die Verheiratung des preußischen Kronprinzen
mit einer englischen Prinzessin hintertrieben, als Österreich in England einen
Gegner erblickte. Dem Kaiser zuliebe hatte Friedrich Wilhelm seinen Sohn zur
Verlobung mit Elisabeth von Braunschweig-Bevern, einer Nichte der Kaiserin,
gezwungen. Als sich nun aber eine Annäherung Englands und Österreichs
vollzogen hatte, schien dem Kaiser plötzlich wieder die englische Heirat des
Kronprinzen von Preußen wünschenswert. Mit Recht empfand es Friedrich
Wilhelm als eine persönliche Beleidigung, daß der Kaiser noch am Vorabend
der Vermählung des Kronprinzen mit. Elisabeth die Aufhebung des Verlöbnisses
und die Wiederaufnahme der Unterhandlungen mit England verlangte.
ß. August Iii. von Sachsen war für Österreich so lange als Bewerber
um die polnische Königskrone unmöglich gewesen, als er Erbansprüche an die
habsburgischen Besitzungen erhoben hatte. Nachdem er aber auf diese Ansprüche
verzichtet hatte, stimmten Österreich und Rußland seiner Wahl in Polen zu,
ohne sich an den Einspruch Preußens zu kehren, dem August Iii. die An-
erkennung der Rechte auf Berg und Kurland verweigerte.